Der Wellenreiter
                          Wirtschaftsthemen der Zeit

 

   

16. September 2006
Ford und die Folgen

Ein Jahrhundert lang funktionierte das Geschäftsmodell von General Motors, Ford und Chrysler in ihrem Heimatmarkt. Das ist Vergangenheit. Massive Marktanteilsverluste und gehörige Absatzschwierigkeiten bringen die Unternehmen an den Rand des Konkurses. Chrysler rettete sich in die Ehe mit Daimler. Bleiben General Motors und Ford, deren Unternehmensanleihen bei Moody’s und anderen auf „Junk“-Status notieren. Die Bonität der Unternehmen ist damit erheblich reduziert; entsprechend hohe Zinsen müssen diese Firmen an Käufer ihrer Anleihen bezahlen. Dem Brokerhaus Merrill Lynch sind die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen von Ford zu wenig. Gestern erfolgte eine Abstufung der Ford-Aktie von „neutral“ auf „verkaufen“. Auch Moody’s droht mit einer weiteren Abstufung der Bonität.

Eine wirtschaftlicher Abschwung oder gar eine Rezession wird häufig durch ein Ereignis ausgelöst, mit dem niemand oder nur wenige rechnen. Die Frage ist, ob beispielsweise ein Konkurs von Ford an den Aktienmärkten bereits eingepreist ist. Selbst wenn, so sind es häufig nicht die direkten Schäden, sondern die im Hintergrund laufenden „Kollateralschäden“, die die eigentlichen Probleme verursachen. Das Stolpern eines Hedge Fonds, der auf ein Comeback der Autowerte gesetzt hat, könnte z.B. ein Auslöser sein. Immerhin musste Ford heute einen zweistelligen Kursverlust hinnehmen. Auch DaimlerChrysler verlor mehr als fünf Prozent.

In diesem Zusammenhang erscheint es notwendig, ein Blick auf die Zinsspanne zu werfen, die Unternehmensanleihen mit Aaa-Rating von denen mit Baa-Rating (gemäß der Rating-Agentur Moody’s) unterscheidet. Unternehmen mit Aaa-Rating verfügen über die bestmögliche Bonität; Firmen mit Baa-Rating haben ein mittleres Rating. Eine Stufe darunter befinden sich die Junk-Ratings (z.B. GM und Ford).

Die Phasen, in denen die Spanne zwischen Aaa- und Baa-Rating besonders groß ist (mehr als 20 Prozent), sind ganz überwiegend mit Rezessionen in den USA verbunden. Auf dem folgenden Chart haben wir das Ende von Rezessionen jeweils mit einem roten Strich gekennzeichnet.

Man sieht, dass die Zinsspanne regelmäßig zum Ende einer Rezession einen Spike nach oben bildet, um dann wieder in sich zusammenzufallen. Lediglich eine Ausnahme existiert: Die Rezession von 2001. Hier wurde der Spitzenwert erst im Juni 2003 erreicht (siehe Pfeil). Es fällt auf, dass die Baa-eingestuften Unternehmensanleihen seitdem beständig um etwa 15 Prozent über den Aaa-eingestuften notieren. Das ist historisch gesehen ein hoher Durchschnittswert. Diese hohe Ausgangsbasis macht es für die Zinsspanne leicht, im Fall einer Rezession an die 20-Prozent-Marke heranzukommen.

Dieser Chart ist für mich ein Beleg dafür, dass die Unternehmenswelt trotz der hohen Gewinne möglicherweise nicht ganz so in Ordnung ist, wie es derzeit den Anschein hat. Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Man sollte speziell die Autowerte und die damit verknüpften Unternehmen als möglicher Auslöser für weitere Schwierigkeiten von Unternehmen im Auge behalten.

Noch eines: Die so genannte Unternehmens-Zinsstrukturkurve („Corporate Yield Curve“) befindet sich - im Gegensatz zur normalen Zinsstrukturkurve (3-Monats- zu 10-Jahres-Zins) - noch nicht unterhalb der Null-Linie; der Weg ist jedoch nicht mehr weit. Sie ist jetzt bereits niedriger als 2001.

Die Unternehmens-Zinsstrukturkurve errechnet sich aus der Differenz zwischen 3-Monats-Unternehmensanleihen („Commerical Paper“) sowie dem Zinssatz für Moody’s Aaa-Anleihen.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
 

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Robert Rethfeld
 

 

 

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