Der Wellenreiter
                          Wirtschaftsthemen der Zeit

 

   

04. Dezember 2006
Das Rezessionspuzzle passt jetzt

Erste Anzeichen für eine bevorstehende Rezession in den USA wurden Ende 2005 sichtbar, als die Zahl der Baugenehmigungen toppte und die Zinsstruktur erstmals seit 2001 invertierte. Doch die US-Wirtschaft brummte zunächst weiter. Ein erster Einbruch an den Aktienmärkten im Mai wurde locker weggesteckt. Die ab Juni fallenden Zinsen sowie der ab August fallende Ölpreis verhalfen den Aktienmärkten weltweit zu einer Phase des Aufschwungs.

Gleichzeitig begann die Zinsstrukturkurve immer deutlicher zu invertieren. Einem seit Juni konstanten Leitzins (Zinsstabilität am kurzen Ende) der US-Zentralbank steht ein anhaltender Zinsverfall am langen Ende gegenüber. Die Rezessionswahrscheinlichkeit überstieg nach dem Modell des bei der US-Fed beschäftigten Researchers Jonathan Wright im Oktober erstmals die 50-Prozent-Marke. Aktuell befindet sich das Modell bei 55 Prozent mit weiter steigender Tendenz.

Bis zur vergangenen Woche fehlten zwei wichtige Vorraussetzungen für das Eintreten einer Rezession: Der ISM-Index zeigte weiterhin wirtschaftliche Expansion an und die Arbeitslosigkeit befand sich auf einem sehr niedrigen Niveau. Doch mit dem Abrutschen des ISM-Index unter die 50-Prozent-Marke im November sowie den sprunghaft gestiegenen Anträgen auf Arbeitslosenversicherung lassen sich jetzt Puzzleteilchen für Puzzleteilchen ineinander legen.

Die Anträge auf Arbeitslosenversicherung kletterten in den USA in der vergangenen Woche sprunghaft auf 357.000. Auch im oben abgebildeten 4-Wochen-Durchschnitt hinterlässt die Zahl ihre Spuren. Insgesamt lässt sich sagen, dass der Abwärtstrend der Anträge auf Arbeitslosenversicherung gebrochen scheint und bereits ein höheres Tief ausgebildet wurde (siehe obigen Chart). Die am kommenden Freitag zur Veröffentlichung anstehenden Arbeitsmarktzahlen dürften diese Überlegungen stützen.

Nachfolgend sind die US-Beschäftigungsquote und der US-Leitzins gemeinsam abgebildet. Man erkennt, dass sich Beschäftigungsquote und US-Leitzins im Takt bewegen. Fällt die Beschäftigungsquote (=steigende Arbeitslosigkeit), dann wird auch der Leitzins gesenkt.

Eine Leitzinssenkung würde jedoch die zum jetzigen Zeitpunkt noch vorhandenen inflationären Tendenzen verstärken und deshalb geht die Fed einen anderen Weg: Sie lässt den US-Dollar wie eine heiße Kartoffel fallen. Ein fallender US-Dollar sorgt dafür, dass sich Exporte in die USA verteuern. Damit steuert ein fallender US-Dollar einer durch eine Rezession ausgelösten deflationären Entwicklung entgegen. Man könnte auch sagen, dass die Fed den Dollar bewusst zum Abschluss freigibt, um eine Deflation in den USA zu vermeiden. Das Austarieren inflationärer und deflationärer Tendenzen ist ein kitzeliger Drahtseilakt, doch dafür werden die Zentralbanker schließlich bezahlt.

Wenn das nicht hilft, wird als nächstes eine Leitzinssenkung folgen. Genauso war es übrigens vor der Rezession von 2001. Der US-Dollar fiel von Ende November 2000 bis Anfang Januar 2001 wie ein Stein. Als die Fed die Zinsen im Januar 2001 deutlich senkte, bildete der US-Dollar einen Boden aus und stieg anschließend wieder an.

Fazit: Die Puzzleteile für eine US-Rezession fügen sich zusammen; eine letzte Bestätigung dürfte am Freitag durch die US-Arbeitsmarktzahlen geliefert werden. Die Abwertung des US-Dollars kommt der Fed nicht so ungelegen, wie es auf dem ersten Blick scheint. Doch allein die Dollar-Abwertung wird zu wenig sein, um die deflationären Tendenzen auszugleichen. Sie kann die Leitzinssenkung lediglich bis ins kommende Jahr hinauszögern. Die Fed-Funds-Futures zeigen gegenwärtig für die Zeit ab März Zinssenkungen an.

Übrigens ist es mir ein Rätsel, wie man in eine Rezession eine positive Performance der Aktienmärkte hineininterpretieren kann. Historisch betrachtet bedeutet eine Rezession Aktienmarktrückgänge zwischen 12 und 85 Prozent. Der Mittelwert befindet sich im Bereich von 25 bis 30 Prozent.

Wir blicken hinter die Märkte und nutzen dafür unsere exklusiven Charts.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

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Robert Rethfeld
 

 

 

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