Es ist immer wieder
erstaunlich, wie Analysten und Medien die Finanzdaten auf eine ihnen genehme Art
und Weise verwenden. Jüngstes Beispiel ist der Ölpreis. Er wird zunehmend nicht
mehr in seiner realen, sondern in seiner inflationsadjustierten Variante
charttechnisch dargestellt.
Die Argumentation: Ein Ölpreis
von 50 Dollar ist kein Beinbruch, weil der fossile Brennstoff -
inflationsbereinigt betrachtet - um 1980 herum wesentlich teurer war als heute.
Inflationsbereinigung als Beruhigungspille.
Inflationsbereinigung kann jedoch auch die weniger erbauliche Seite eines
Marktes herauskehren. Als Beispiel möge der Dow Jones Index der 60er und 70er
Jahre dienen, der inflationsbereinigt sehr viel stärker verlor als real. Doch
den folgenden Chart kennt kaum jemand:
Es ist deutlich zu erkennen,
dass der inflationsbereinigte Dow zu Beginn der 80er Jahre auf das Niveau der
späten vierziger Jahre zurückfiel.
Doch zurück zum Ölpreis. Man sollte sehr vorsichtig sein, die Inflationsrate bei
der Betrachtung von Erdöl außen vor zu lassen. Anziehende Ölpreise und Inflation
sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Steigende Ölpreise lösten bisher
regelmäßig Rezessionen aus.
Wie stark der Ölpreis die Inflationsrate beeinflusst, wird durch den nächsten
Chart deutlich. In Phasen anziehender Ölpreise (grau markiert) wird der
Neigungswinkel des US-Consumer-Price-Index (CPI), aus dem die Inflationsrate
abgeleitet wird, steiler. Das war zwischen 1915 und 1920, zwischen 1945 und 1950
sowie zwischen 1970 und 1980 der Fall.
Noch verläuft der
Neigungswinkel des CPI flach. Doch der Ölpreis hat seine 24 Jahre dauernde
Handelsspanne mit den ersten Schlusskursen oberhalb von 40 Dollar nach oben
verlassen und ist in eine Trendphase übergegangen. Der Automatismus einer
steigenden Inflationsrate wird an dieser Stelle unweigerlich ausgelöst.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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