Flugzeuge sind im Landeanflug etwa 250 km/h
schnell. Diese Geschwindigkeit reicht aus, um eine Maschine sicher auf der
Betonpiste aufzusetzen. Würde das Flugzeug die Geschwindigkeit noch weiter
drosseln, bestünde die Gefahr eines Strömungsabrisses. Der Auftrieb wäre nicht
mehr groß genug, die Maschine würde abstürzen. Genau dies geschah beim
Jungfernflug des A320 im Elsass in den 90er Jahren, als der Pilot diesen
Grenzbereich austesten wollte und dabei die Maschine in ein Waldstück drückte.
Die Geschwindigkeit kurz vor dem Strömungsabriss heißt in der Fliegersprache
„Stall Speed“. Sie beträgt im Falle des A320 etwa 195 km/h.
An diese Zusammenhänge musste ich bei Betrachtung der gegenwärtigen
Geldmengenentwicklung M3 denken. Der folgende Chart zeigt deren Entwicklung seit
1960. Bis etwa 1988 stieg die Geldmenge Jahr für Jahr kräftig, um Ende der 80er
Jahre in eine flacheren Steigungswinkel überzugehen.
Quelle: www.federalreserve.gov
Mitte der 90er Jahre zog das Geldmengenwachstum zwar deutlich an, erreichte aber
nicht mehr den Steigungswinkel der 70er Jahre. Seit Mitte 2003 beginnt der Motor
deutlich und vernehmbar zu stottern, wie der folgende Chart zeigt.
Quelle: www.federalreserve.gov
Zwischen August 2003 und Oktober 2004 stieg die Geldmenge nur in 5 von 15
Monaten; auf dem gegenwärtigen Niveau verharrt sie seit Mai dieses Jahres. Seit
10 Jahren wurden derart lange Verharrungsperioden nicht mehr notiert.
Perioden ohne Geldmengenwachstum scheinen in den Aktienmärkten kaum Freude
aufkommen zu lassen: Dem 5-monatigen Geldmengen-Nullwachstum zwischen August und
Dezember 2003 folgte ein Aktienjahr 2004, im dem trotz der gegenwärtigen Rallye
kein so rechter Schwung aufkam. Auch die aktuelle „Stall“-Phase der
Geldmengenexpansion dauert bisher 5 Monate.
Eine Abflachung der Kreditvergabe im Bau- und Automarkt oder eine mangelnde
Investitionsbereitschaft von US-Unternehmen mögen dafür verantwortlich sein.
Alan Greenspan jedenfalls hätte Gründe genug, die US-Wirtschaft aus dieser
durchaus bedenklichen Situation herauszuführen. Eine Anhebung des Leitzinses in
der kommenden Woche wäre in dieser Beziehung kaum hilfreich.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest