Erdöl ist das Lebensblut der Wirtschaft. Mobilität und Globalisierung werden
durch Erdöl und seine Destillate (Benzin, Kerosin, Diesel etc.) erst ermöglicht.
Immer wieder wird über den hohen Ölpreis diskutiert, ohne allerdings die globale
Perspektive ausreichend zu berücksichtigen. Insbesondere fehlt die Nennung des
Zusammenhangs zwischen Bevölkerungsentwicklung und Ölkonsum.
Es ist unstrittig, dass die Weltbevölkerung weiter zunehmen wird. Nicht
notwendigerweise in den Industrienationen, aber umso mehr in den Schwellen- und
Entwicklungsländern. Wir halten uns an die so genannte „mittlere Variante“ des
Bevölkerungswachstums der Vereinten Nationen, die im folgenden Chart dargestellt
ist.
Danach wird die Weltbevölkerung im Jahr 2013 die Sieben- und im Jahr 2028 die
Acht-Milliarden-Grenze überschreiten. Die Wachstumskurve verläuft allerdings
immer flacher, so dass das Weltbevölkerungswachstum jenseits des Jahres 2050
zwischen Neun- und Zehn Milliarden Menschen wohl zum Stillstand kommen wird.
Derzeit verbraucht jeder Erdenbürger im Schnitt 2 Liter Erdöl pro Tag. Die
Verteilung ist dabei äußerst ungleich: In Indien beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch
0,35, in China 0,8 Liter, in Deutschland 5 und in den USA 11 Liter pro Tag.
China, das ein Fünftel der Weltbevölkerung umfasst, hat im Jahr 2003 seinen
Ölkonsum gegenüber 2002 um 11 Prozent gesteigert. Seit 1965 wächst der Ölkonsum
Chinas durchschnittlich um 9,5 Prozent pro Jahr, der Pro-Kopf-Verbrauch steigt
jährlich um 7,8 Prozent. Allein diese Fakten würden uns ausreichend
Rückendeckung geben, die weltweiten Pro-Kopf-Wachstumsraten für die kommenden
Jahrzehnte auf zwei bis drei Prozent festzulegen.
Doch seien wir konservativ und gehen wir davon aus, dass der weltweite Öl-Konsum
pro Kopf in den kommenden Jahrzehnten jeweils nur um 0,5 Prozent pro Jahr
wächst. Das würde im Jahr 2030 einem weltweiten Pro-Kopf-Verbrauch von 2,25 und
im Jahr 2050 von 2,5 Litern entsprechen.
Die Auswirkungen selbst dieser geringen Wachstumsrate wären fatal. Der weltweite
Ölkonsum würde von jetzt 80 auf 120 Mio. Fass pro Tag im Jahr 2030 ansteigen.
Das entspricht einem Zuwachs von 50 Prozent. Bis 2050 würden weitere 20
Millionen Fass täglich benötigt.
In einem perfekten marktwirtschaftlichen Umfeld befinden sich Angebot und
Nachfrage im Einklang. Wir wissen, dass der Ölmarkt nicht gerade als
Paradebeispiel eines solchen Umfeldes angesehen werden kann. Dennoch gelten auch
hier die Gesetze des Marktes: Eine Stagnation oder eine Verknappung des Angebots
bei höherer Nachfrage lässt die Preise steigen.
Fachleute davon aus, dass der Produktionshöhepunkt bei den fossilen Brennstoffen
noch in diesem Jahrzehnt bevor steht. Außer Saudi-Arabien produzieren derzeit
alle Erdöl exportierenden Staaten an ihrer Kapazitätsgrenze; doch selbst auf der
arabischen Halbinsel werden die freien Kapazitäten geringer. Neue Ölfelder
werden kaum noch entdeckt. Immer raffiniertere Technologien müssen angewendet
werden, um die Restmengen aus den alten Feldern herauszudrücken. Es erscheint
möglich, die tägliche Fördermenge auf 90 Mio. Fass, mit viel gutem Willen und
unter äußerster Kraftanstrengung auch noch ein wenig darüber auszuweiten. Aber
120 oder gar 140 Mio. Fass erscheinen außerhalb jeglicher Reichweite (Siehe dazu
folgenden Artikel
http://washingtontimes.com/op-ed/20041102-073519-7107r.htm).
Um Missverständnissen vorzubeugen: Erdöl wird uns auch in 100 Jahren noch zur
Verfügung stehen, dann aber wohl nur noch in der pharmazeutischen Industrie.
Doch als Großvater werde ich mir von meinen Enkeln später die Frage gefallen
lassen müssen, was denn in uns gefahren war, diesen kostbaren Rohstoff so
einfach in Motoren zu verbrennen.
In einer separaten Studie gehen wir exemplarisch auf die Entwicklung einzelner
Regionen und Länder ein. Im Nahen Osten steigen die Bevölkerungszahlen derzeit
gewaltig an, was die Exportwilligkeit der dortigen Staaten zusätzlich
einschränken wird. Die Situation in Deutschland, China, Indien und den USA wird
dargestellt und erläutert. Wir wollen auch die Frage klären, wie denn die
Kapazitäten verteilt sein müssten, um mit einer zukünftig stagnierenden bis
fallenden Öl-Förderung leben zu können.
Die Studie ist Bestandteil des Bezahlt-Abonnements und ist darüber hinaus für
einen Kostenbeitrag von 15 Euro ab sofort unter folgendem Link erhältlich:
http://www.wellenreiter-invest.de/studien.html
Die in unserem Buch Weltsichten-Weitsichten beschriebenen Szenarien setzen diese
Analysen um.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest