|
„Sell in May and go away“ ist eine der
bekanntesten Markt-Timing-Floskeln. Der Merkspruch beruht auf der Tatsache, dass
ein Großteil der Jahresgewinne im S&P500 üblicherweise in der Zeit zwischen
Oktober und April eingefahren wird.
Die Agrarmärkte sind für Saisonalitäts-Phänomene das älteste Beispiel: Die Ernte
lässt sich nur in einer eng begrenzten Periode einfahren. Während und kurz nach
der Erntezeit ist das Angebot reichlich, im Winter hingegen spärlich. Da Angebot
und Nachfrage den Preis bestimmen, stieg der Weizenpreis umso stärker an, je
weniger Vorräte vorhanden waren. Missernten verschärften das Bild in
unregelmäßigen Abständen. Die als Reaktion entstehenden Futures-Märkte gleichen
die Schwankungen teilweise aus, weil dem Landwirt von der Abnehmerseite ein
bestimmter Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt garantiert wird. Dennoch
verschwand die Saisonalität nicht ganz.
Nehmen wir als Beispiel den Verkauf von Ein- bzw. Mehrfamilienhäusern. Der
verkaufsstärkste Monat ist der März, gefolgt vom April und Mai. Die Gründe dafür
sind vielfältig: Einerseits sind Besichtigungen im Bau befindlicher Häuser im
Winter unangenehm. Anderseits kann man damit rechnen, bei einem Kauf im März
oder April noch vor dem Beginn des Winters einziehen zu können. Kauft man
hingegen im Winter, so kann sich der Einzugstermin aufgrund des Frostes
hinziehen. Als weitere Komponente gilt, dass die Entscheidungen für größere
Anschaffungen meist im Frühjahr fallen, dies gilt auch für die Autobranche.
Die Frage ist, ob sich diese Überlegungen auch in den saisonalen Charts von
Immobilienaktien widerspiegeln. Die Firma Centex Corp. mit Sitz in Dallas ist
eines der großen Unternehmen der Branche. Im nachfolgenden Chart ist der
Durchschnitts-Jahresverlauf von Centex zwischen 1986 und 2004 dargestellt.
![](../ChartderWoche/centex.gif)
Deutlich erkennbar sich lassen sich zwei bullische Perioden eingrenzen: Die
erste Aufwärtsperiode des Jahres dauert drei Monate; sie beginnt Anfang April
und endet Anfang Juli. Eine zweite Rallye-Periode lässt sich für die letzten
beiden Monate eines Jahres ausmachen.
Gemäß unserer fundamentalen Überlegungen wissen wir, dass der März, April und
Mai die „Make or Break“-Periode für die Häuserbauer darstellen. Läuft das
Geschäft in diesem Zeitraum, dann ist ihnen ein gutes Jahr kaum noch zu nehmen.
Aus diesem Grund ist die zögerliche Haltung der Anleger zwischen Mitte Februar
und Ende März erklärbar, denn erste Verkaufszahlen für den März werden erst im
April bekannt. Die Rallye zwischen April und Juli ist demnach die Belohnung für
erfüllte oder übertroffene Erwartungen.
Zwischen 1986 und 2004 hatte Centex lediglich vier Minusjahre zu beklagen. Diese
fielen mit – 39% (1987), - 44% (1994), - 45% (1999) und – 12% (2002)
durchschnittlich recht heftig aus. Auf dem folgenden Chart mit den
zusammengefassten Minus-Jahren ist zu erkennen, dass die abwartende Februar/
März-Haltung in eine Abwärtsphase übergeht, wenn sich die Frühjahrserwartungen
offensichtlich nicht erfüllen.
![](../ChartderWoche/centex.minus.gif)
Ein Lichtblick zeigt sich lediglich – wie auch im
Durchschnitt aller Jahre – im November und Dezember.
Interessant auch, dass sich der Aktienkurs von Centex in den Jahren, in denen
sich der saisonale Verkaufshöhepunkt nicht in der März/April-Periode, sondern
erst im Sommer befand (1989, 1992, 1995, 1996, 1998, 2003), besonders gut
entwickelte. Solche Jahre endeten ausschließlich im Plus mit einem
durchschnittlichen Gewinn von knapp 50 Prozent. (siehe folgenden Chart).
![](../ChartderWoche/centex.sommer.gif)
Fazit: Nimmt man Centex als Barometer für die
Baubranche in den USA, so gilt, dass Investoren sich im Februar und März eher
abwartend verhalten, bis die Frühjahrszahlen auf dem Tisch liegen. Sind sie gut,
steigen die Kurse der Immobilienwerte, fallen sie hingegen mager aus, setzt sich
die Schwächeperiode bis in den November hinein fort. Und man sollte darauf
achten, ob die unbereinigten Verkaufszahlen vom März bzw. April zu einem
späteren Zeitpunkt im Jahr noch einmal übertroffen werden. In einem solchen Fall
ist mit einem sehr bullischen Jahr zu rechnen.
----------
Nicht nur die Baubranche, sondern alle Industrie- und Dienstleistungszweige
verfügen über saisonale Muster. Analysen weiterer Branchen führen wir
auf Anfrage durch. Mehr
über saisonale Aspekte auch in unserem „Jahresausblick 2005“. Weitere
Informationen zum Ausblick unter
http://www.wellenreiter-invest.de/ausblick2005.html
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
|
Kostenloses
Abonnement des Wochenend-Wellenreiters:
Bitte
hier klicken, E-Mail-Adresse eintragen und absenden.
Alle
Wochenend-Wellenreiter seit dem Jahr 2002 sind im
Archiv verfügbar. |
|
|
![](../foto.20031126.JPG)
Robert Rethfeld
Impressum/
Datenschutz/
rechtl. Hinweise/
Haftung/
Disclaimer |