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Charts zeigen Schröder als "Trendkiller"
Es war ein interessantes Experiment der ZDF-Online-Redaktion, bei dem ich
mitwirken durfte: Lässt sich die politische Stimmung Deutschlands in
Charts aufarbeiten? Was zunächst eher nach einer witzigen Auflockerung im
Vorfeld der Bundestagswahl aussah, entwickelte sich bei näherer
Betrachtung durchaus zu einem ernstzunehmenden Ansatz. Die aktuelle
Analyse mit den Aussagen zu den einzelnen Parteien kann man hier lesen:
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/17/0,1872,2374769,00.html
Zusätzlich habe ich noch einzelne Konstellationen untersucht. Interessant
ist das gemeinsame Bild der politischen Stimmung für Union und FDP.
Es fällt auf, dass sich Union/FDP seit 15 Jahren in einem Aufwärtstrend
befinden. Die beachtliche Leistung von Schröder besteht darin, die
Stimmung für die Union/FDP pünktlich zum Wahltermin bereits zweimal an den
unteren Rand des Aufwärtstrendkanals gedrückt zu haben (Die jeweiligen
Wahltermine sind rot gekennzeichnet). Genau dies hat Scharping als
Kanzlerkandidat 1994 nicht geschafft, und deshalb geht er nur als Fußnote
in die Geschichte ein. Der Chart zeigt, dass Schröder – gegen den
Aufwärtstrend von Union/FDP – von Wahl zu Wahl einen größeren Kraftakt
vollbringen muss. Union und FDP verfügen bei 46 Prozent über eine solide
Unterstützung.
„Der Trend ist Dein Freund“, das gilt offensichtlich auch in der Politik.
Da Charts Trends zur Geltung bringen, erscheint die Anwendung dieses
Hilfsmittels durchaus bereichernd. Eins können die Charts jedoch nicht:
Bei einer derart knappen Konstellation zwischen den Lagern den Ausgang der
Wahl vorhersehen.
Ein Beispiel dafür, was Meinungsforschungs-Charts zudem leisten können,
ist der folgende Chart. Er zeigt die Probleme der kleineren Parteien (alle
außer Union und SPD) kurz vor einer Bundestagswahl. Vor den Wahlen von
1994, 1998 und 2002 verloren die kleineren Parteien jeweils deutlich (rote
Pfeile).
Der Hauptgrund dafür ist sicherlich die mediale Fokussierung auf die
beiden Kanzlerkandidaten, je näher der Wahltermin rückt.
Man sollte meinen, dass die Grünen einen steigenden Ölpreis für sich
nutzen könnten. Genau dies geschieht nicht, weil Ihnen ihr katastrophales
Timing einen Strich durch die Rechnung macht. Die Ökosteuer wurde zum 1.
April 1999 eingeführt, das war kurz nach dem Ölpreis-Tief.
Anschließend vervierfachte sich der Ölpreis innerhalb von zwei Jahren, und
dennoch wurde Jahr für Jahr die Mineralölsteuer erhöht. Das brachte die
Grünen, die sich Mitte der 90er Jahre auf dem Weg zu einer Volkspartei
wähnten (15 Prozent der Wahlberechtigten hätten sie damals gewählt) auf
die Verliererstraße. Auch den aktuellen Ölpreis-Schock können die Grünen
nicht für sich nutzen. Von Anfang an war die Verteuerung der Energiepreise
eines der erklärten Hauptziele der Grünen. Jetzt hat der Markt gesprochen
und hat den Grünen das Erreichen eines ihrer Hauptziele beschert. Was
bleibt? In diesem Fall gilt: Schere schneidet Papier, Papier umwickelt
Stein, Stein stumpft Schere ab, und Markt sticht Politik.
Als Quelle dienten Zahlen des ZDF-Politbarometers, erfragt durch die
Forschungsgruppe Wahlen.
Robert Rethfeld
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