Selten waren Märkte so überverkauft. Selten drückte die Angst einer
Abwärtsbewegung so sehr den Stempel auf wie jetzt. Und selten sprangen die
Marktinterna gemeinsam so drastisch in einen Extrembereich wie in diesen
Tagen.
Die Put-Call-Ratio erreichte am Donnerstag mit einem Wert von 1,52 ein
neues, spektakuläres Allzeithoch. Auch an den anderen Tagen dieser Woche
waren Werte um 1,2 normal. Der folgende Chart zeigt alle
Put-Call-Ratio-Einzelwerte über 1 seit Juli 2004 sowie den Verlauf des
S&P500. Häufig waren derart hohe Werte gleichbedeutend mit einem Tief an
den Aktienmärkten.
Anscheinend sind viele Fonds und Hedgefonds mit hohen Absicherungen
unterwegs, die noch dazu durch die dramatisch steigende implizierte
Volatilität der vergangenen Tage sehr teuer geworden sind. Der hohe
Absicherungsbedarf zeigt, dass die Sorglosigkeit an den Märkten einer
ängstlichen, fast panischen Stimmung gewichen ist.
Der 10-Tages-Durchschnitt des Aufwärtsvolumens an der NYSE fällt selten
unter die 40-Prozent-Marke. Gestern wurden nur noch 38,4 Prozent gemessen.
Das Aufwärtsvolumen fasst das Volumen aller Aktien zusammen, die im Preis
steigen.
Zugegeben, bei einem Crash oder deutlichen Abwärtsbewegungen kann der
10-Tages-Durchschnitt des Aufwärtsvolumen weit darunter liegen (z.B. im
Oktober 1987 bei 22,1 Prozent). Doch 38,4 Prozent sind eine Hausnummer,
bei der häufig genug Tiefpunkte erreicht wurden.
Das Verhältnis neuer 52-Wochen-Hochs zu neuen 52-Wochen-Tiefs hat an der
NYSE in den vergangenen Tagen extrem gelitten und ist auf einen Punkt
gefallen, an dem ebenfalls häufig genug ein Boden ausgebildet wurde.
Fazit: Die Abwärtsbewegung an den weltweiten Aktienmärkten verläuft ohne
Zweifel dramatisch. Kurzfristtrends wurden reihenweise gebrochen, der
technische Schaden ist groß. Wir bezweifeln nicht, dass der
Top-Bildungsprozess an den Aktienmärkten eingesetzt hat. Man muss sich
jedoch fragen, wie solche Tops vollendet werden. Und da meinen wir, dass
die Marktinterna zeigen, dass der Topbildungsprozess an dieser Stelle noch
nicht abgeschlossen ist. Zumindest sollte ein ernsthafter Versuch folgen,
das Mai-Hoch anzugreifen.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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