Der Wellenreiter
                          Wirtschaftsthemen der Zeit

 

   

17. Juni 2006
Lizenz zum Anstieg

Wenn dieL'Equipe“ schreibt, dass Philipp Lahm im Spiel gegen Polen eine "Präzisions-klinge“ war, so gilt das im übertragenen Sinne auch für den neuen Fed-Chairman Ben Bernanke: Er schaffte es, exakt zur jüngsten Fed-Sitzung den Höhenflug von Aktien und Rohstoffen zum Stoppen zu bringen. Und als er das Gefühl hatte, dass es der Qualen genug waren, ließ er in einem Statement verbreiten, dass höhere Energiepreise „managable“ sind und dass die US-Wirtschaft in guter Form bleiben würde. Die Präzisionsklinge schlug ein zweites Mal zu und traf diesmal die Bären, die sich in immer größerer Zahl an den Märkten versammelt hatten. Bernanke ist genauso wenig ein Unsicherheitsfaktor wie Philipp Lahm: Beide wissen genau was sie wollen. „Never fight the Fed“, und gegen Philipp Lahm zu spielen macht auch wenig Spaß.

Bernanke hat den Märkten die Lizenz zum Anstieg zurückgegeben. Ob sie etwas daraus machen, bleibt den Marktteilnehmern überlassen. Anzeichen für eine positive Entwicklung sind besonders bei Betrachtung der Marktinterna zu erkennen. Greifen wir dort das Volumen heraus. Der Donnerstag brachte ein Aufwärtsvolumen von 95,6 Prozent vom Gesamtvolumen an der NYSE. Das heißt, dass die Aktien, die gestiegen sind, fast das gesamte Volumen auf sich vereinigt haben.

Wie der obige Chart zeigt, stellt ein Wert von 95,6 Prozent seit 1998 eine Rekordmarke dar. Werte oberhalb von 90% brachten regelmäßig wichtige Tiefs mit sich, insbesondere wenn einige Tage zuvor ein 90%-Abwärtstag notiert werden konnte. Die einzige Ausnahme bildet der 5. Juli 2002, als das Tief erst am 23. Juli 2002 erreicht wurde. Der 5. Juli 2002 war der Tag nach dem US-Unabhängigkeitstag und hatte demzufolge ein extrem geringes Handelsvolumen (710 Mio. gehandelte Aktien an der NYSE). Insofern muss man diesen Tag als „erklärbaren“ Ausnahmetag bezeichnen.

Der Donnerstag erscheint noch bedeutsamer, wenn man die Historie weiter öffnet und den gesamten Zeitraum seit 1980 betrachtet.

In den letzten 26 Jahren wurde der Wert von 95,6 Prozent Aufwärtsvolumen lediglich einmal übertroffen: Das war am 20.08.1982 mit einem Wert von 96,8 Prozent. Sechs Handelstage zuvor – am 12.08.1982 – begann der Bullenmarkt der 80er/90er Jahre. Am 21.10.1987 – zwei Tage nach dem Crashtief – wurde genau das gleiche Aufwärtsvolumen wie gestern gemessen: 95,6 Prozent. In den USA war mit dem Crashtief das Jahrestief erreicht.

Fazit: Bei Betrachtung des gestrigen Aufwärtsvolumens kann man nicht umhin, dem 13. Juni eine hohe Bedeutung als Tiefpunkt zuzubilligen. Dies um so mehr, als dass am 12. Juni ein Abwärtsvolumen von knapp 90 Prozent (89,8%) erzielt wurde. Einem 90%-Abwärtstag gefolgt von einem 90%-Aufwärtstag kam in der Vergangenheit fast ohne Ausnahme die Bedeutung eines wichtigen Tiefs zu. Auf die generelle Bedeutung einer solchen Kombination haben u.a. die Firma Lowry’s und auch Martin Zweig hingewiesen. Das Sommer-Top formt sich langsam, aber gewaltig und unter erhöhter Volatilität.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
 

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Robert Rethfeld
 

 

 

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