03. Februar 2007
Carry on, Carry Trade!
So dürfte der Wunsch derjenigen lauten, die mit Hilfe des Carry Trades
risikolose Gewinne erzielt haben. Das Motto lautet: „Borrow short, lend
long“. Der Investor nimmt in einer
Währung
mit vergleichsweise niedrigen
Zinsen
(z.B. Japanischer Yen oder Schweizer Franken) einen variablen Kredit auf,
der sich naturgemäß am Leitzins der jeweiligen Zentralbank orientiert. Das
so aufgenommene Geld investiert er gleichzeitig in einer Währung, in der
vergleichsweise hohe Zinsen am langen Ende (z.B. US-Dollar) zu erzielen
sind.
Der folgende Chart zeigt, dass die Spanne zwischen dem Leitzins der Bank
of Japan und der Rendite der 10jährigen US-Staatsanleihen in den Jahren
1988 bis 1990 und seit Mitte der 90er Jahre derart groß ist, dass sie
einen hohen Arbitrage-Gewinn zulässt.
Jeder Währungs-Carry-Trade trägt zwei Risiken: Zum einen kann sich die
Zinsdifferenz zwischen den in Anspruch genommenen Instrumenten verringern.
Würde die Bank of Japan den Leitzins von 0,25 weiter erhöhen und
gleichzeitig die Renditen für die US-Anleihen am langen Ende fallen, so
würde sich der Carry-Trade immer weniger lohnen. Als Beispiel mag der
Zeitraum von 1989 bis 1991 dienen, als die Bank of Japan aufgrund der
Überhitzung in den Immobilien- und Aktienmärkten den Leitzins vom 4 auf
über 8 Prozent verdoppelte. Der Yen-Carry-Trade wurde daraufhin
pulverisiert. Nicht zufälligerweise kam es zu einer Bankenkrise in den USA
und zu einer Rezession in 1990/91.
Das zweite Risiko ist dasjenige der Währungsentwicklung. Zwischen 1986 und
1995 legte der Yen gegenüber dem US-Dollar um mehr als 100 Prozent zu.
Da die Verschuldungswährung in unserem Beispiel der Yen ist, litt der
Yen-Carry-Trade in den Jahren 1986 bis 1995 unter dem steigenden Yen. Seit
Mitte der 90er Jahre bewegen sich die Wechselkursschwankungen zwischen Yen
und US-Dollar in einer Handelsspanne. Insofern verläuft der
Yen-Carry-Trade seit mehr als 10 Jahren weitgehend störungsfrei.
Eine Aufwertung des Yen gegenüber dem US-Dollar würde von der
Währungsseite her den Yen-Carry-Trade ins Stocken bringen.
Daraus lässt sich das folgende – zunächst hypothetische - „Worst-Case-Szenario“
für den Yen-Carry-Trade ableiten: Die Konjunktur in Japan zieht an. Die
Bank of Japan erklärt die Anti-Deflations-Politik für beendet. Sie hebt
den Leitzins in der Folge mehrmals an. Gleichzeitig fallen die
langfristigen Renditen in den USA aufgrund einer wirtschaftlichen
Schwächephase, die in eine US-Rezession mündet. Und schließlich steigt der
japanische Yen gegenüber dem US-Dollar an, weil zunehmend Liquidität in
den gesünder werdenden japanischen Wirtschaftsraum investiert wird.
Wir wahrscheinlich ist ein solches Szenario? Zunächst einmal glauben wir,
dass der japanische Yen aufgrund der Positionierung der Commercials (siehe
unsere Frühausgabe vom 5. Februar) sowie einer positiver werdenden
Saisonalität deutliche Chancen auf einen Kursanstieg gegenüber dem
US-Dollar besitzt (Dollar/Yen wird schwächer). Zudem sollte man bedenken,
dass Japan über ein vorgezogenes Bevölkerungs-Boom-Szenario verfügt. Das
heißt, dass die sogenannten „Echo-Boomer“ etwa 10 Jahre früher als in den
USA und in Europa in ihre konsumstärkste Lebensphase gelangen. Somit hat
Japan gute Chancen, die US-Märkte in den kommenden Jahren auszuperformen.
Darüber hat u.a. Harry Dent ausführlich geschrieben. Erhöhungen der
Leitzinsen der Bank of Japan sowie Mittelzuflüsse in den Yen aufgrund des
höheren Konsums erscheinen daher plausibel. Und drittens wird das
Rezessionsszenario für die USA weiterhin durch die inverse Zinsstruktur
belegt. In einer Rezession fallen üblicherweise die Zinsen am langen Ende.
Sie sehen, dass das oben beschriebene „Worst-Case-Szenario“ für den
Yen-Carry-Trade ist plausibel begründbar. Der Wunsch „Carry on,
Carry Trade!“ kann durchaus noch eine zeitlang in Erfüllung gehen, aber
wir werden die von uns geschilderten Einflussfaktoren genau beobachten und
in unseren Tagesausgaben auf mögliche Veränderungen eingehen.
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Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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