09. Juni 2007
Sommergewitter
Nachfolgend ein Vorab-Auszug aus unserer Frühausgabe vom Montag. Der Text
stammt von meinem Kollegen Alexander Hirsekorn.
„Die
abrupte, heftige Bewegung an den US-Aktienmärkten wurde nicht wie Ende
Februar 2007 vom Devisenmarkt ausgelöst, damals stieg der japanische Yen
gegenüber dem US-Dollar in wenigen Handelstagen deutlich an und dass
Auflösen einiger Yen Carry-Trades sorgte durch das gleichzeitige Auflösen
von spekulativen Positionen für eine Schwächephase bei Aktien und
Rohstoffen. Dies war in der vergangenen Woche nicht der Fall. Die
Aktienmärkte kamen durch die fallenden Anleihemärkte ins Straucheln. Im
Gegensatz zum Mai 2006 endete der Fall der Anleihen jedoch nicht, als die
Aktienmärkte zur Schwäche neigten. Auch Ende Februar 2007 profitierten die
Anleihen von der temporären Aktienpreisschwäche. Fallen jedoch beide
Märkte parallel, dann ist ein gewisser Liquiditätsentzug erkennbar.
Insofern unterscheidet sich die Preisschwäche der vergangenen Woche von
den zuletzt zu beobachtenden Schwächeperioden.
Da die Anleihemärkte momentan als wichtigster Taktgeber für die
Aktienmärkte fungieren und die Korrelation zwischen den beiden Märkten
positiv ist, ist es wichtig, dass die US-Anleihemärkte nunmehr in
unmittelbarer Nähe einer sehr starken preislichen Unterstützung
resultierend aus den Preistiefs im Mai und Juni 2006 notieren. Insofern
ist zumindest aus kurzfristiger Sicht der größte Druck von Seiten dieses
Intermarketfaktors entwichen, was positiv für die US-Aktienmärkte zu
werten ist.
Das „Full House Sell Signal“ von Morgan Stanley sorgte in der abgelaufenen
Woche für viele Schlagzeilen. Morgan Stanley berichtete dabei in einer
Studie, dass ihre Kursziele bereits um 7% überschritten worden sein und
stellte daraufhin die Frage, ob sie dem Momentum des Marktes prozyklisch
folgen sollten oder ob sie ihrer Strategie treu bleiben sollten. Ihr
Modell würde zudem ein selten gesehenes Verkaufssignal liefern, so dass
sie von einem „Full House Sell Signal“ sprachen. Erwähnt wurde dabei in
den Medien, dass es seit 1980 fünf solcher Signale gab, die
durchschnittlich einen Verlust von ca. 14% in den folgenden Monaten mit
sich brachten. Unerwähnt blieb hingegen der Hinweis von Morgan Stanley
selbst, dass das Einbeziehen einer Sentimentkomponente auch in einigen
Fällen zunächst keine Verluste mit sich brachte und das aktuelle Sentiment
von ihnen als neutral beschrieben wurde.
Bullenmärkte enden nicht auf Ansage- dies gilt für den chinesischen
Aktienmarkt, der von vielen Marktteilnehmern bereits als Blase tituliert
wurde und dies gilt auch für ein solches Verkaufssignal a la Morgan
Stanley, da dies zumindest zunächst als eine einzelne Stimme eines
Brokerhauses anzusehen ist. Dass eine solche Stimme bei den
Marktteilnehmern direkt Gehör findet, ist vor allem der psychologischen
Komponente des Kursniveaus geschuldet, da die Abgabebereitschaft an einem
alten historischen Allzeithoch (S&P 500, DAX)) als groß anzusehen ist und
damit zunächst auch ein Zielbereich für viele Investoren erreicht wurde.
Kurze, scharfe Preiskorrekturen sind dabei zumindest solange als eine
Bestätigung für den Trend anzusehen, wie eine Phase der Distribution nicht
erkennbar ist. Dies geschieht durch eine seitwärts verlaufende Phase, in
der die Volatilität erhöht ist und erratische Bewegungen erkennbar
werden.“
Der Late Day Index soll gegenüber dem klassischen Indexverlauf Divergenzen
aufzeigen, ob die Marktteilnehmer gegen Ende einer Sitzung weiterhin
gewillt sind, Aktien zu kaufen. Im Frühjahr 2006 war dieser Wille vor
einer größeren Korrekturphase nicht mehr vorhanden, momentan ist dies
jedoch weiterhin der Fall, da dieser Indikator bereits auf einem neuen
Bewegungshoch notiert. Diese Divergenz ist positiv für die Entwicklung der
US-Standardwerte zu werten.
Bei den Kleinspekulanten war direkt sehr viel Angst in der vergangenen
Woche zu beobachten, da sie sowohl am Donnerstag als auch am Freitag in
der Erholungsbewegung mehr Puts als Calls gekauft haben. Ein Wert von 74
am Donnerstag und 96 am Freitag zeigen an, dass die Angst vor weiteren
Kursverlusten sehr schnell Einzug hält, was aus antizyklischer Sicht
positiv zu werten ist.
Die Preisschwäche der vergangenen Woche ist zunächst nur als ein
Sommergewitter anzusehen, welches primär die Folge der negativen
Entwicklung am Anleihemarkt ist. Da eine Stabilisierung der Anleihen Zeit
benötigen wird, erscheint die Ausbildung einer Tradingrange momentan
wahrscheinlicher als die direkte Fortsetzung auf neue Rekordhochs.“
Soweit Alexander Hirsekorn. Die oben gezeigten Charts incl. Erläuterungen
plus mehrere hundert weitere finden Sie in unserem neuen Marktlabor, das
wir testweise im Rahmen unseres Abonnements (auch Probeabo) freigegeben
haben.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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