Der Wellenreiter
                          Wirtschaftsthemen der Zeit

 

   

07. Juli 2007
Hochzeiten, Sommergefühle und Schlüsselindikatoren

Wenn die Schlagzeilen lauten: Heiratswelle am 7.7. bringt überlastete Standesämter; Koch fordert SPD auf, Beck abzulösen; Pamplona-Premiere fordert dutzende Verletzte; Williams gewinnt Wimbledon; Klöden im Tour de France-Prolog zweiter; Künstler singen für Live-Earth und dabei entsteht viel CO2; Neuschwanstein fällt bei Weltwunder durch, dann wissen wir: Der Nachrichten-Sommer ist über uns gekommen.

An den Börsen ist es ähnlich. Betrachten wir nur die letzten vier Vorwahljahre. Die Gewinne wurden zum Großteil im ersten Halbjahr erzielt.

Diese Aussage lässt sich auch dann aufrecht erhalten, wenn man sämtliche Vorwahljahre seit 1899 in einem Durchschnittsverlauf zusammenfasst.

Es erscheint unrealistisch, von der zweiten Jahreshälfte 2007 ähnliche Steigerungen an den Börsen zu erwarten wie zwischen Januar und Juni. Zumal das Jahr 2007 ein 7er-Jahr ist und solche Jahre im Herbst ziemlich regelmäßig Abschläge mit sich gebracht haben. Nachfolgend ein Chart, der den Durchschnittverlauf von 7er-Jahren zeigt, die gleichzeitig Vorwahljahre sind.

Vor 10 Jahren hatte die Asienkrise die Weltmärkte fest im Griff. An den Finanzmärkten geht die Angst vor einer Wiederholung um, heißt es in Berichten wie diesem: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,492425,00.html.

Man kann die Angst noch ein wenig steigern, wenn man eine Null dranhängt und 100 Jahre zurückgeht. Damals wurde J.P. Morgan als Retter der Wall Street in der Panik von 1907 berühmt. Das Jahr 1907 brachte all das auf Tablett, was ein Bärenherz höher schlagen lässt: Im Frühjahr kam die erste Panik, im Sommer scheiterte die Begebung einer größeren Anleihe, die Rohstoffmärkte gerieten unter Druck und schließlich brachen Banken zusammen. Der entsprechende Artikel ist hier nachzulesen:
http://www.zeitenwende.ch/page/index.cfm?SelNavID=1271

So lohnenswert es ist, sich diese Ereignisse in Erinnerung zu rufen: Der Verlaufsvergleich zwischen 2007 und 1907 zeigt, dass das Jahr 2007 bisher eine ungleich deutlichere Trendstärke aufweist als das Jahr 1907.

Die Gemeinsamkeit ist das Vorhandensein einer Frühjahrspanik: Die Panik vom 27.02.2007 war in jeder Hinsicht ungewöhnlich und dürfte durchaus mit der Panik vom 14.03.1907 vergleichbar sein.

Doch bevor man sich allzu sehr auf die Bärenseite schlägt, sollte man sich vergegen-wärtigen, dass die aktuelle Marktlage einen S&P 500 sieht, dessen mittelfristiger Aufwärtstrend intakt ist. Der Index bewegt sich nur wenige Punkte unterhalb seines Allzeithochs, während die Tech-Indizes angesprungen sind und neue Mehrjahreshochs erzielen konnten.

Dafür, dass sich die US-Indizes dem Verlaufsmuster des „verhexten 7er-Jahres“ anpassen, reicht der Beinahe-Zusammenbruch zweier Bear Stearns Fonds nicht. Es braucht schon einige weitere Kalamitäten. Ob es dazu kommt, kann niemand mit Gewissheit sagen. Doch es erscheint gewiss, dass der Stress-Level im US-Finanzsystem in diesem Jahr höher ist als in den Jahren zuvor (siehe vergangene Wochenend-Ausgabe). Im Hintergrund wird bereits eifrig geflickschustert. Ob es reicht, um über die kritische Periode August bis Oktober ohne größere Blessuren davonzukommen und somit den Normalverlauf eines Vorwahljahres fortzusetzen? Die Schlüsselindikatoren sind der US-Hausbau-Index, das Verhalten der US-Broker und der Subprime-Banken sowie die Verläufe des japanischen Yen und der US-Anleihen am langen Ende.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

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Robert Rethfeld
 

 

 

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