04. August 2007
US-Dollar akut absturzgefährdet
Es ist eine alte Weisheit, dass die weltweiten Kapitalströme in einem
bullischen globalen Finanzumfeld überwiegend in spekulativer Manier
angelegt werden, während in einer bärischen Phase der „sichere Hafen“
bevorzugt wird. Als sicherer Hafen gelten beispiels-weise die
Staatsanleihen der meisten Industrieländer oder Währungen wie der
Schweizer Franken oder Edelmetalle wie Gold oder Silber.
Schwindet das Vertrauen in eine Volkswirtschaft, kommt es in der Regel zu
relativen Verlusten der Währung gegenüber Alternativ-Währungen. Ich möchte
an dieser Stelle nicht auf die für die USA bekannten Fakten (Verschuldung,
Handelsbilanzdefizit, Haus-haltsdefizit, negative Sparquote) eingehen.
Vielmehr möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf den Chart des US-Dollar-Index
lenken. Dieser Index zeigt den Verlauf des US-Dollar gegen einen
handelsgewichteten Währungskorb, der vornehmlich aus Euro, Yen und
britischem Pfund besteht. Der Index wird seit 1990 von der 80-Punkte-Marke
unterstützt (rote Linie).
Gegenwärtig notiert der Dollar-Index bei 80,06 Punkten. Der aktuelle Test
ist bereits der fünfte in achtzehn Jahren. Die Unterstützung
erscheint akut gefährdet. Die letzte Reaktion des US-Dollars nach oben war
nur schwach. Zudem beginnt bald eine Phase saisonaler Schwäche im
US-Dollar. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für eine
Unterschreitung der 80-Punkte-Marke deutlich.
Wir wissen, dass die US-Amerikaner in den vergangenen Jahren ihr Kapital
in bisher ungekanntem Ausmaß im Ausland investiert oder angelegt haben.
Damit trugen sie in bedeutendem Maße zur bisherigen Abschwächung des
US-Dollar bei.
Problematisch erscheint, dass die aktuellen Entwicklungen an den
Finanzmärkten den Vertrauensverlust in den US-Dollar deutlich erhöhen. Die
am Freitag veröffentlichten Zahlen zur US-Arbeitsmarktsituation und zur
US-Dienstleistungsbranche lassen eine Abschwächung der US-Wirtschaft
wahrscheinlicher werden. In Verbindung mit der sich verschärfenden
Finanzkrise zeichnen sich für die kommenden Monate Leitzinssenkungen durch
die US-Zentralbank ab. Die Zinsen am langen Ende fallen bereits seit
Wochen. Das gleiche gilt für den Realzins, da sich die Inflationsrate
momentan kaum verändert. Ein fallender Realzins schreckt potentielle
Investoren ab und erhöht tendenziell den Druck auf die Währung. Die
zunehmende Risikoaversion der Anleger führt zu einer forcierten Auflösung
von Carry-Trades und damit zu einem steigenden Yen, was den US-Dollar
zusätzlich unter Druck setzt.
Es ist zweifelhaft, ob die Repatriierung von Geldern in die USA ausreicht,
um dem Fall des US-Dollar Einhalt zu gebieten. In Zeiten einer sich
entwickelnden Finanzkrise wird nicht nur in den USA, sondern das Geld auf
weltweiter Basis zurückgeholt: Auch die Japaner verkaufen den US-Dollar
und kaufen den Yen, das gleiche gilt für die Europäer, was eine
Unterstützung für den Euro darstellt. Diese Rückholmaßnahmen geschehen
häufig nicht freiwillig, sondern in einem fortgeschrittenen Stadium einer
Finanzkrise vor allem deshalb, um eigene Löcher zu stopfen. Die Effekte
aus der Repatriierung dürften sich demnach ausgleichen.
Charttechnisch betrachtet hätte der US-Dollar-Index das Potential, sich
von hier aus nochmals zu halbieren. Was ein derartiger Werteverfall für
Konsequenzen hätte, möchte ich an dieser Stelle lieber nicht ausschmücken.
Der Stress im weltweiten Finanzsystem nimmt weiter deutlich zu. Fonds
schließen oder werden abgewickelt, Hypothekenfinanzierer melden Konkurs
an, Banken geraten in Schieflage, die Versicherungen gegen
Unternehmenszusammenbrüche verteuern sich täglich. Der Handel mit
Subprime-Tranchen unterhalb der besten Bonität (AAA) findet seit dem 25.
Juli praktisch nicht mehr statt. Der Finanzchef von Bear Stearns (ein
großer US-Broker) spricht bereits von einer Krise, die größer ist als die
Internet-Blase zur Jahrtausendwende.
Wenn das alles eintrifft, was sich andeutet, dann ist das hier bitterer
Ernst. Speziell in den USA würde es ein brutales Erwachen geben. Folgt der
Finanzkrise tatsächlich eine Rezession, würden alle wirtschaftlichen
Bereiche erfasst werden und die Arbeitslosigkeit würde – zunächst in den
USA - deutlich steigen. Europa – und auch Asien - würde von einer solchen
Krise nicht verschont bleiben.
Ich kann nur ernsthaft hoffen, dass ich die Dramatik der Situation heillos
überschätze. Ein Indiz dafür wäre, wenn der US-Dollar die Marke von 80
Punkten halten würde.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
P.S. Ein kostenloses 14tägiges Schnupperabonnement erhalten Sie unter
www.wellenreiter-invest.de
|