18. August 2007
Überraschende Zinssenkungen und Intermarkets
Als die Fed am 15.10.1998 eine überraschende Zinssenkung ausrief,
war die 20%-Aktienmarkt-Korrektur bereits Vergangenheit. Die Märkte –
schon in der Aufwärtsbewegung – erhielten durch die Zinssenkung einen
weiteren Schub, der sie bis zum Jahresende in den USA auf ein neues
Allzeithoch (Dow Jones Index) katapultierte. Die Zinsen für 10jährige
US-Anleihen markierten ihr Tief und stiegen anschließend von 4 auf 6,5
Prozent in 1 ½ Jahren. Der Dollar begann eine starke Rallye. Der Yen
vollzog damals gegenüber dem Dollar eine ähnliche Bewegung wie jetzt. Er
stieg zunächst stark an und hielt sich dann – noch leicht steigend – auf
dem erreichten Niveau. Der Euro toppte gegenüber dem Dollar, ebenso der
Goldpreis. Der Ölpreis fiel zunächst weiter, beendete aber zum Jahresende
seine Baisse.
Als die Fed am 3.1.2001 eine überraschende Zinssenkung ausrief,
reagierten die Aktienmärkte an dem betreffenden Tag positiv. Anschießend
hielt sich die Euphorie in Grenzen. Die Märkte kippten zweimal nach unten
(im Frühjahr und noch stärker im September). Die Zinsen begannen mit einem
kurzen Anstieg, verliefen aber über das Jahr flach. Der US-Dollar
markierte sein Jahrestief und begann mit einem längeren Anstieg. Yen und
Euro toppten gegenüber dem Dollar. Der Goldpreis reagierte zunächst
negativ, doch etwa einen Monat später (am 16.02.01) begann die Hausse. Der
Ölpreis blieb flach. Zwei Monate später begann die Rezession.
Als
die Fed am 17.8.2007 eine überraschende Zinssenkung ausrief,
reagierten die Aktienmärkte an dem betreffenden Tag positiv. Nach einigen
weiteren positiven Handelsverläufen hielt sich die Euphorie jedoch in
Grenzen. Die Märkte setzten ihre Abwärtsbewegung fort. Die Zinsen für
10jährige Anleihen stiegen zwar zunächst, blieben jedoch anschließend
weitgehend flach (Ausnahme: kurze Schwächephase in Rezession). Der
US-Dollar markierte kurz vorher ein wichtiges Tief und setzte anschließend
seine Aufwärtsbewegung eine Zeit lang fort. Der Yen stieg gegenüber dem
Dollar weiter, aber nicht mehr mit der vorhergehenden Geschwindigkeit. Der
Euro toppte gegenüber dem Dollar genauso wie der Goldpreis. Beide (Euro
und Gold) kamen jedoch nach einiger Zeit mit neuer Stärke zurück. Der
Ölpreis tendierte zur Schwäche.
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Fokussieren wir uns auf den US-Anleihenmarkt. Auch nach der Senkung des
Diskont-satzes erholten sich die Zinsen am kurzen Ende kaum von ihren in
den Vortagen erlittenen starken Verlusten (siehe Drei-Monats-Anleihen auf
dem Chart). Die kurzfristigen Anleihen fielen innerhalb von einer Woche
von 4,7 auf 3,7 Prozent (in Europa war die Entwicklung ähnlich).
Das bedeutet, dass die Risiko-Aversion die Märkte weiter im Griff hat.
Alles springt in Cash und cash-ähnliche Anlageformen. Der Zinssatz am
langen Ende blieb hingegen recht konstant. Für Anleger am langen Ende gibt
es keinen größeren Horror als ein Anziehen der Inflationsrate. Der von der
Fed ausgedrückte Wille zur Zinssenkung zu diesem frühen Zeitpunkt lässt
die Möglichkeit anziehender Inflation offen. Das Rezessionsmuster nimmt
immer deutlichere Formen an (nächster Chart).
Erklärung: Kurz vor Beginn einer Rezession ergibt sich ein Muster, wonach
die Zinsen am kurzen Ende deutlich fallen, während sie am langen Ende
flach sind oder sogar leicht steigen. Daraus ergibt sich der auch in
vergangenen Rezessionen zu beobachtende „Kamineffekt“ einer plötzlichen
Ausweitung des Zinsspreads (siehe auch Jahresausblick 2007). Die
vorhergehenden Rezessionen sind jeweils rot markiert.
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Das weiter oben geäußerte Verlaufsszenario basiert auf der Erfahrung, dass
-
ein Kursverlust im Dow Jones Index von etwas über 8% (bisher) einer sehr
wahrscheinlich bevorstehenden Rezession nicht ausreichend gerecht wird;
-
die Zinsen auch zu Beginn einer Rezession häufig weiter steigen, weil die
Angst vor Inflation weiter vorhanden ist;
-
der US-Dollar nach überraschenden Zinssenkungen zur Stärke neigt: „Cash
ist King“. Die Annahme eines steigenden Dollars steht im Kontrast zu dem,
was ich in der Wochenend-Kolumne vor 14 Tagen vermutet habe. Doch immerhin
hat der US-Dollar-Index in der Zwischenzeit eine bullische W-Formation
markiert, so dass sich die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Anstiegs des
US-Dollars erhöht hat;
-
der Goldpreis auf überraschende Zinssenkungen zunächst mit Schwäche
reagiert und außerdem konträr zum US-Dollar läuft;
-
der Ölpreis in Rezessionen meist wenig gewinnt.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
P.S. Der oben beschriebene weitere Verlauf
der Intermarketfaktoren ist keine Handlungsanweisung, sondern ein aus
unserer Sicht und zum aktuellen Zeitpunkt wahrscheinliches Szenario. Das
Feintuning erfolgt in unserer handelstäglichen Frühausgabe.
Wir schauen hinter die Märkte und
betrachten diese mit exklusiven Charts.
P.S. Ein kostenloses 14tägiges Schnupperabonnement erhalten Sie unter
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