08. September 2007
Greenspans Rezessions-Rap
„Das Marktverhalten, welches wir in den letzten sieben Wochen beobachten,
ist in vielerlei Hinsicht identisch mit dem, was wir 1998 und 1987 sahen.
Zudem ist es vermutlich identisch mit dem, was wir im
Grundstückspreis-Kollaps im Jahr 1837 sahen und sicherlich mit den
Geschehnissen des Jahres 1907“. Das sind Aussagen des ehemaligen
US-Notenbankchefs Alan Greenspan, die er auf einer Veranstaltung eines
Wissenschaftsmagazins am Donnerstag in Washington machte. Das Zitat haben
wir dem nachfolgenden verlinkten Bericht entnommen.
http://afp.google.com/article/ALeqM5hyASsosnaJ1Ucq3Q8U6T74ZHdU4g
Lassen Sie uns die von Greenspan genannten Daten näher anschauen. Drei der
vier Jahre, die er nannte, waren 7er-Jahre (Jahre, die mit der Zahl 7
enden). 7er-Jahre gelten insbesondere in der zweiten Jahreshälfte als
besonders hässlich: Der durchschnittliche Verlust in der zweiten
Jahreshälfte eines 7er-Jahres beträgt 21,3%
Das von Greenspan erwähnte Jahr 1907 brachte es im zweiten Halbjahr auf
einen Maximal-Verlust von knapp 36 Prozent. Genauso groß war übrigens der
Maximal-Verlust im Jahr 1987. Als einziges Nicht-7er-Jahr wurde von
Greenspan das Jahr 1998 erwähnt. Immerhin ging es zu Zeiten der LTCM-Krise
20 Prozent nach unten.
Da die Geschehnisse der Jahre 1998 und 1987 den Lesern bekannt sein
dürften, lassen Sie uns ein Blick auf die Jahre 1907 und 1837 werfen.
1907
Mit „Die Schreckensjahre der amerikanischen Börse 1906/1907“ wurde der
folgende Artikel überschrieben.
http://www.zeitenwende.ch/page/index.cfm?SelNavID=1271
1907 war ein Jahr, das in einer Beinahe-Katastrophe endete. Die Panik
wurde von J.P. Morgan beendet, der den Märkten Ende Oktober 1907
Liquidität zur Verfügung stellte.
Auf dem obigen Chart lässt sich erkennen, dass der aktuelle Verlauf des
Dow Jones Index mit dem Verlauf von 1907 seit dem Beginn der zweiten
Jahreshälfte einigermaßen übereinstimmt.
1837
Die Periode von 1835 bis 1837 war von großen Verlusten an den Börsen
gekennzeichnet. Es kam zu einer Weltwirtschaftskrise, die – so ist es bei
Zeitenwende.ch zu lesen – zu den schlimmsten Krisen des vorletzten
Jahrhunderts zählte.
http://www.zeitenwende.ch/page/index.cfm?SelNavID=1283
Wir stellen den Verlauf der 1830er-Dekade nachfolgend dar. Das Jahr 1837
haben wir eingekreist.
Der Kernsatz aus dem oben angegebenen Bericht lautet: Laut Zeitzeugen kam
es schließlich im September 1837 zu einem "den zerstörerischten Ausbrüche
von Panik, die diese Nation (=USA) je erlebt hat".
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„Die Menschheit hat niemals einen Weg gefunden, Blasen zu bekämpfen“,
lautete das resigniert klingende Resümee, das Alan Greenspan am Donnerstag
in Washington zog.
Fazit: Die von Alan Greenspan gezogenen Vergleiche lassen nur den einen
Schluss zu: Greenspan glaubt daran, dass dem Platzen der Immobilienblase
ein Platzen der Kreditblase gefolgt ist. Und er glaubt nicht, dass die
US-Fed diese Herausforderung bestehen wird.
Greenspan scheint auch der Wirkung von 7er-Jahren eine gewisse Bedeutung
beizumessen. Warum sonst hat er 1929 oder 1974 nicht erwähnt?
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Alan Greenspan ist der erfahrenste noch lebende Notenbanker überhaupt. Er
ist bereits jetzt ein Teil der Börsengeschichte und hat die
Boom-Bust-Zyklen der Vergangenheit berufsbedingt so intensiv wie kaum
jemand anderes zu verstehen versucht. Greenspan verfügt – im Gegensatz zu
Bernanke – über eine antizipatorische Sensorik namens Bauchgefühl.
Geschenkt, dass er bereits im Dezember 1996 von irrationalem Überschwang
sprach. Ich habe mir seine damalige Rede nochmals angeschaut. Eine
Kernpassage lautete:
“We as central bankers need not be concerned if a collapsing financial
asset bubble does not threaten to impair the real economy, its production,
jobs, and price stability. Indeed, the sharp stock market break of 1987
had few negative consequences for the economy. But we should not
underestimate or become complacent about the complexity of the
interactions of asset markets and the economy.”
http://www.pbs.org/newshour/bb/economy/december96/greenspan_12-6.html
Dieser Satz ist wichtig. Die Fed hat demnach kein Problem damit, wenn es
wegen Über-spekulation im Finanzsektor zu Verwerfungen kommt. Sollte
jedoch das Wirtschaftssystem vom Platzen einer Finanzblase angesteckt
werden, dann ist höchste Gefahr im Verzug. Die US-Arbeitsmarktzahlen vom
Freitag lieferten einen ersten Hinweis darauf, dass diese Ansteckung
bereits geschehen sein könnte. Zum ersten Mal seit 2003 wurden auf dem
US-Arbeitsmarkt mehr Stellen abgebaut als neue geschaffen, auch wenn die
Arbeitslosenquote (noch) konstant blieb. Reaktionen: Yen bärenstark,
Dollar sehr schwach, Gold sehr gefragt, Zinsen gehen in die Binsen. Der
Freitag hat die Intermarkets gehörig durcheinander gewirbelt. Die
Eintrittswahrscheinlichkeit einer Rezession ist deutlich gestiegen und
eine US-Leitzinssenkung auf 4,50 Prozent bis Dezember ist bereits
eingepreist. In Rezessionen sind Aktienmärkte regelmäßig mit einem Minus
von 20 Prozent oder mehr dabei.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
P.S.
Wir schauen hinter die Märkte und betrachten
diese mit exklusiven Charts.
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