27. Oktober 2007
Der Spread folgt der Fed
Lange schien es, als ob sich der Libor (die Rate, zu der sich Banken
untereinander Geld leihen) dem Einfluss der Fed-Zinssenkung von Mitte
September entziehen wollte. Er verblieb im Oktober auf einem stur hohen
Niveau von etwa 5,25 Prozent.
Seit einigen Tagen ist das jedoch anders: Am Freitag unterbot der
US-Drei-Monats-Libor erstmals die 5-Prozent-Marke (4,98%). Damit beträgt
der Spread zum US-Leitzins nur noch 23 Basispunkte. Das ist zwar mehr als
die jahrelang üblichen 10 Basispunkte, aber viel weniger als die Mitte
September üblichen 50 Basispunkte.
Auch im Hausbausektor folgen die Zinssätze mittlerweile den Vorgaben des
Marktes: Der Zinssatz für 30jährige Hypotheken bewegte sich am Freitag
erstmals seit zwei Jahren wieder unter die 6-Prozent-Marke (5,98%,
nächster Chart). Damit reagiert er auf den reduzierten Leitzins der Fed,
insbesondere auf den Abwärtstrend der Zinsen der 30jährigen US-Bonds
(derzeit 4,7%).
Probleme gibt es hingegen noch im Bereich der kurzfristigen variablen
Hypothekenzinsen (ARM). Als Beispiel haben wir die variable Rate mit
einjähriger Laufzeit ausgewählt. Der folgende Chart zeigt, dass diese Rate
langfristig dem US-Leitzins folgt.
Das bedeutet, dass sich eine US-Leitzinssenkung direkt und unmittelbar
positiv auf diese variable Rate auswirken sollte. Das allerdings tut sie
momentan (noch) nicht, wie der Kurzfristchart zeigt:
Die ARMS-Rate beträgt derzeit 5,62 Prozent, befindet sich also fast ein
Prozentpunkt oberhalb des US-Leitzinses von 4,75 Prozent.
Fazit: Die Maßnahmen der Fed beginnen zu greifen. Libor und langfristige
Hypothekenzinsen weisen in den USA in die richtige Richtung. Damit würde
eine erneute Zinssenkung am Mittwoch lediglich eine Absicherungsmaßnahme,
aber keine Notwendigkeit bedeuten.
Das Dilemma der Fed ist jedoch ein anderes. Es wird durch den folgenden
Chart veranschaulicht. Niemals zuvor sind Renditen und Rohstoffpreise
(hier der Silberpreis) derart auseinander gelaufen wie aktuell.
Der Anstieg der Edelmetalle in den 70er Jahren wurde von deutlich
steigenden Zinsen begleitet. Der Anstieg der Edelmetalle in den 00er
Jahren zog gleichbleibende bis leicht ansteigende Zinsen nach sich. Das
aktuelle Niveau (4,4% Ten-Year-Note) ist angesichts der explodierenden
Edelmetallpreise als „lächerlich“ zu bezeichnen.
Da die Maßnahmen der Fed zu greifen beginnen, muss man konstatieren, dass
das Abschwungrisiko offensichtlich vor einem Monat größer war als jetzt
(was nicht heißt, dass dieses Risiko komplett verschwunden ist). Auf der
anderen Seite steigen die Inflationsrisiken (Edelmetalle, Öl). Dies macht
den kommenden Fed-Entscheid so spannend. Angesichts dieser Erkenntnisse
erscheint eine Zinssenkung nicht zwingend. Sie mag kommen, um die
Aktienmärkte nicht zu verunsichern. Aber notwendig erscheint sie aktuell
nicht.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
P.S.
Wir schauen hinter die Märkte und betrachten
diese mit exklusiven Charts.
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