22. März 2008
Stagflation oder Deflation?
Handelt es sich bei der jetzigen Krise eher um eine stagflationäre Krise
(70er Jahre) oder deflationäre Phase (30er Jahre)? Von Stagflation war in
den letzten Monaten häufig die Rede, wir sprangen jedoch nicht auf diesen
Zug auf. Aktuell – nach dem Fall von Bear Stearns und dem Rutsch der
Rohstoffpreise – wird der Bezug zu den 30er Jahren hergestellt. Damals kam
es zu einer Weltwirtschaftskrise, die in den USA „Die große Depression“
genannt wird. Es war die letzte große Krise mit einem vornehmlich
deflationären Charakter. Weltweit kam es zu tausenden von
Bankzusammenbrüchen. Damals galt die Devise „Cash is King“.
Der Zinssatz von US-Drei-Monats-Geldern befindet sich aktuell im Bereich
um 1 Prozent. Derzeit gilt die Devise: Zinsen sind nichts, Sicherheit ist
alles. Auf dem nächsten Chart haben wir die Entwicklung in den USA am
langen und am kurzen Ende seit den Jahren 1920 bzw. 1934 abgetragen.
Leider liegen uns am kurzen Ende keine früheren Zahlen vor.
Die eingangs gestellte Frage beantwortet sich unserer Meinung nach durch
diesen Chart. Beispielsweise betrug im März 1934 (in der „Great
Depression“) der Zinssatz am langen Ende etwa 4,3 Prozent, während er am
kurzen Ende um 0,6 Prozent lag. Schaut man auf die aktuellen Werte, so
findet man ähnliche Zahlen. Die aktuelle Phase wird von den Anleihemärkten
zweifellos als deflationär empfunden. Sie kann mit den 70er-Jahren nicht
verglichen werden, da die Zinsstruktur damals eine ganz andere war.
Das Absinken der Zinsen im Drei-Monats-Bereich (am Donnerstag bis auf
0,2%!!) war zunächst einer Panik zu verdanken.
Diese Panik ist
vorerst vorüber, die Kapitalströme wenden sich wieder den Aktienmärkten
zu.
Man muss abwarten, ob sich dieser Zinssatz, der mittlerweile wieder auf
über 1 Prozent gestiegen ist, wieder deutlich zurück in Richtung 0,5
Prozent entwickeln kann. Erst dann würden sich Hinweise auf eine länger
anhaltende deflationäre Phase mehren.
Fazit: Deflation ja, Stagflation nein. Eine längerfristige Phase der
Deflation stellt sich allerdings nur dann ein, wenn der Zinssatz für die
US-Drei-Tages-Gelder wieder in den Bereich von 0,5 Prozent oder weniger
zurückkehren sollte und dort monatelang verharren würde.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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