26. Juli 2008
Die Risikoprämien explodieren
Der
Eigenkapitalbedarf der Banken wächst, das Geld ist knapp. Wie eine Sirene
umgarnen die Banker daher den deutschen Verbraucher, der den Verlockungen
bei Tagesgeldzinsen von mehr als fünf Prozent kaum widerstehen kann. „Cash
is king“, lautet die Devise. Fünf Prozent klingen gut, sorgen aber in den
Taschen des Verbrauchers bei einer offiziellen Inflationsrate von 3,3
Prozent lediglich für eine schmale positive Realverzinsung.
Wer
hohe Zinsen zahlt, muss im Verleihgeschäft entsprechend reagieren. Wer
heute eine Baufinanzierung durchführen möchte, muss bei einer
Beleihungshöhe von 80% (entspricht 72% des Verkehrswertes) meist 5,5% oder
mehr berappen (10 Jahre fest). Bei einer Rendite für 10jährige
Bundesanleihen von 4,6% beträgt der Aufschlag für die Baufinanzierung
derzeit etwa einen Prozentpunkt, was etwa 20 Prozent entspricht.
Ein
Blick über den großen Teich zeigt, dass die Situation in den USA
kritischer ist. Die Differenz zwischen dem Zinssatz für 10jährige
US-Anleihen und einer 10jährigen Baufinanzierung beträgt mehr als 40
Prozent. In den USA ist der Aufschlag aktuell doppelt so hoch wie in
Deutschland. Die Risikoprämien werden großzügig kalkuliert, um die
erwarteten Konkurse der Hausbauer abzufedern.
Der
obige Chart zeigt den Verlauf des Risikoaufschlags in den USA seit 1971 im
30jährigen Bereich (Differenz entspricht in etwa derjenigen im 10jährigen
Bereich). Erst zum vierten Mal seit 1971 wurde jüngst die 40-Prozent-Marke
(rote Linie) übertroffen.
Eine
steigende Risikoprämie zeigt sich auch in den US-Unternehmensanleihen. Die
Differenz zwischen Unternehmensanleihen mittelprächtiger Bonität (BAA) und
hervorragender Bonität (AAA) beträgt mittlerweile 25 Prozent. Sie befindet
sich damit – prozentual gesehen - auf einem 50-Jahres-Hoch.
Fazit:
Die Risikoprämien im US-Finanzsystem sind hoch wie selten zuvor, dies sind
ja nur zwei Beispiele von vielen. In Europa ist – trotz aller Unkenrufe –
der Finanzstress (noch) geringer als in den Vereinigten Staaten.
Finanzstress ist per Definition ein deflatorisches Element der Wirtschaft,
weil steigende Risikoprämien dafür sorgen, dass Geld teuer wird (=“Cash is
King“). Teures Geld hemmt eine Volkswirtschaft in ihrer Entwicklung. Wir
gehen weiterhin davon aus, dass der schlimmste Teil der Wirtschaftskrise
noch bevor steht. Verfolgen Sie unsere Markteinschätzung im Rahmen unserer
handelstäglichen Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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