27. September 2008
Finanzstress auf allen Ebenen
Seit dem Beginn der
Finanzkrise im vergangenen Sommer müssen sich Investoren mit einem neuen
Indikatoren-Satz befassen: Den Finanzstress-Indikatoren. Eine Menge
teilweise exotisch klingender Produkte tummelt sich in diesem Bereich. Nachfolgend zählen wir auf, welche dieser
Produkte wir in unserem Tagesdienst beobachten und kommentieren:
- TED-Spread
- LIBOR/OIS-Spread
- Spread US-Leitzins und 30jährige US-Hypothekendarlehen
- Spread zwischen Moodys BAA und AAA Bonds
- Junk Bond Spreads (gemessen durch Merrill Lynchs U.S. High Yield Master
II Index)
- Dollar/Yen
- Index Asset Backed Securities (ABX.HE)
- Credit Default Swaps Index (CDX.IG, US-Kreditderivate Index)
- ITRAXX Crossover 5-Year Total Return Index ITRAXX (Kreditderivate Index
Europa)
Von diesen Produkten möchte ich zwei
herausgreifen, nämlich den TED-Spread und den Spread zwischen US-Leitzins
und 30jährigen US-Hypothekendarlehen. Ein US-Notenbanker hatte in einer
Rede darauf aufmerksam gemacht, dass eine Senkung des US-Leitzins (Fed
Funds Rate) in der Vergangenheit immer auch zu einer Senkung des
Zinssatzes für 30jährige US-Hypothekendarlehen führte.
Zuletzt sorgte eine Zinssenkung im Jahr
2001 für fallende US-Hypothekenzinsen (siehe Chart). Die fallenden Zinsen
waren einer der Gründe für den bis ins Jahr 2005 anhaltenden
US-Hausbau-Boom. Seit Beginn der Finanzkrise hat die Fed den Leitzins von
5,25 auf 2 Prozent gesenkt. Und was machen die US-Hypothekenzinsen? Gar
nichts, sie stagnieren. Die „Waffe“ Leitzinssenkung funktioniert im
US-Hausbaumarkt nicht mehr. Dies ist ein klares Negativzeichen für die
US-Wirtschaft, weil es bedeutet, dass ein Aufschwung – im Gegensatz zu
früher - durch eine Leitzinssenkung nicht induziert werden kann.
Einer der wichtigen Finanzstress-Indikatoren ist der sogenannte TED-Spread.
Mit diesem Indikator wird die Differenz zwischen dem Drei-Monats-Libor und
dem Zinssatz für Drei-Monats-US-Anleihen beschrieben. Der
Drei-Monats-Libor beschreibt den Zinssatz, zu dem sich Banken
untereinander Geld leihen. Er ist im Laufe der vergangenen Wochen von
2,80% auf aktuell 3,76% gestiegen. Das heißt, dass das Ausleihgeschäft der
Banken untereinander immer weiter zum Erliegen kommt. Dagegen befindet
sich der Zinssatz für Drei-Monats-US-Anleihen (Kurzfristanlage als
sicherer Hafen) im Bereich von 0,8%, nachdem er vor 14 Tagen bei noch 1,5%
notierte. Das bedeutet, dass die Anlage in sicheren Kurzfristanleihen
trotz geringem Zinssatz als Parkstation für Cash überaus gesucht ist. Ein
steigender Libor und auf Null fallende Kurzfristzinsen lassen den
TED-Spread extrem divergieren.
Aktuell befindet sich der TED-Spread bei 2,93 Prozentpunkten. Ein solcher
Spread wurde zuletzt während des Crashes von 1987 gesehen. Noch im August
1987 betrug der Libor 7% und stieg im Verlaufe des Oktober-Crashes auf
mehr als 9% an. Die Drei-Monats-Gelder fielen im Verlaufe des Crashes von
7% auf etwa 5,5% Prozent, sodass der TED-Spread 1987 maximal 3,5% betrug.
TED-Spreads solchen Ausmaßes waren bisher immer ein Zeichen von
Tiefpunkten an den Aktienmärkten. Was aber ist, wenn sich – wie es sich
jetzt abzeichnet – der TED-Spread auf einem permanent hohen Plateau
einpendelt? Dann würden die Kreditbedingungen für absehbare Zeit einen
eingefrorenen Zustand signalisieren mit den entsprechend negativen
Aussichten für die Finanzmärkte und die US-Wirtschaft.
Auch die anderen genannten Indikatoren zeigen zum Großteil einen
deutlichen Finanzstress an. Investoren in verlangen für den Kauf von Junk
Bonds mittlerweile etwa 10,25 Prozentpunkte mehr als für den Kauf von
US-Staatsanleihen. Damit sich die Junk Bonds Spreads mittlerweile so hoch
wie zuletzt in 2001. Die Finanzkrise spitzt sich weiter zu. Die Aussicht
auf das Rettungspaket der US-Regierung hat bisher nichts dazu beigetragen,
die Finanzstress-Indikatoren zu beruhigen. Verfolgen Sie die Entwicklung
der Indikatoren in unserer handelstäglichen Ausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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