Der Wellenreiter
                          Wirtschaftsthemen der Zeit

 

   

17. Januar 2009
Die Deflations-Krümmung der Spin-Doktoren

In der Sonntags-FAZ findet sich heute in der Rubrik „Was den Markt bewegt“ die folgende Passage zum Thema „Inflation“: „Die Teuerungsrate in Amerika ist in diesen Tagen so gering wie seit 50 Jahren nicht mehr. Sie lag im Dezember bei winzigen 0,1 Prozent. Also fast bei Null“. 

Anschließend heißt es weiter: „Denn die Gefahr der Deflation ist noch nicht gebannt…  Aber droht sie wirklich? Die sinkenden Preise waren Folge des schwachen Weihnachts-geschäfts. Viele Amerikaner verspürten keine rechte Lust, ganz groß zu shoppen. Also senkten viele Händler die Preise. Das dürfte aber in diesem Maße ein Ausnahmeeffekt sein. Zudem haben Statistiker errechnet, dass die Kerninflationsrate nahezu gleich blieb, wenn man die Energie- und Lebensmittelpreise herausrechnet.“

Man kann diese Aussagen so nicht stehen lassen.

Inflationsraten gibt es viele: In den USA werden meist die Veränderungen gegenüber dem Vormonat genannt. Diese betrug minus 1 Prozent von November auf Dezember, ist also absolut gesehen deutlich zurückgegangen. Das ist der fünfte monatliche absolute Rückgang in Folge seit August 2008. Die Deutschen bevorzugen den Vergleich zum Vorjahresmonat, was auch in unseren Augen einen aussagekräftigeren Vergleich ergibt. Danach hat die Inflationsrate gegenüber dem Vorjahresmonat tatsächlich – wie die FAZ und andere deutsche Medien schreiben – um 0,1 Prozent (saisonal unbereinigt) zugenommen. Diese Zahl kann man auch der Seite der US-Bureau of Labor-Statistics entnehmen. Allerdings veröffentlichen die US-Statistiker üblicherweise lieber die saisonal bereinigten Zahlen. Nur in diesem Fall nicht: Denn die saisonal bereinigte US-Inflations-rate für Dezember 2008 weist einen Wert von  minus 0,1% gegenüber dem Vorjahresmonat aus. Trotz des geringen Unterschiedes von nur 0,2 Prozent: Das ist der erste Deflationswert seit 1955. Abgesehen von Schatten-Statistiken, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen, befinden sich die USA damit offiziell in der Deflation, zumal auch die Erzeugerpreis-Inflationsrate einen Wert von minus 1,3% für den Dezember 2008 ausweist.

Wie lange wird diese Deflation bestehen bleiben? Wir haben den folgenden Versuch gemacht: Wir nehmen an, dass sich die Inflationsrate in den kommenden 12 Monaten gegenüber dem Vormonat nicht verändert. Sie fällt nicht, aber sie steigt auch nicht. Das könnte z.B. bei einem Ölpreis, der relativ konstant bleibt, der Fall sein. Selbst in diesem Szenario erreicht die Deflation aufgrund des Basiseffekts (hohe Inflationsrate im Sommer 2008!) erst im Sommer 2009 ihren Höhepunkt. Das Inflationsminus würde im Juli 2009 minus 3,5% betragen.

Die Argumentation mit gleich gebliebenen Kerninflationsrate steht auf wackeligen Beinen. Wie der folgende Chart zeigt, vollzieht die Kerninflationsrate die Bewegung der Gesamt-inflationsrate mit einer kleinen zeitlichen Verzögerung nach, wobei die Amplituden etwas geringer ausfallen.

Auf dem Chart haben wir übrigens die weiter oben beschriebene angenommene Bewegung der Inflationsrate für 2009 eingezeichnet (blauer Kreis). Diese ist lediglich theoretischer Natur, weil sie nur für den Fall einer monatlichen Veränderung der CPI von null gilt (was kaum anzunehmen ist). Dennoch: Aufgrund des Basiseffekts ist damit zu rechnen, dass den Märkten das Thema Deflation bis zumindest zum Sommer erhalten bleiben wird.

Fazit: Entgegen den Aussagen medialer Spin-Doktoren aus den US-Statistikbüros, deren Tonalität von einigen Zeitungen leider übernommen wird, hat die Deflation in den USA offiziell im Dezember 2008 begonnen. Mehr dazu sowie zu Aktien, Anleihen, Rohstoffen und Währungen finden Sie in unserem Jahresausblick für 2009 auf www.wellenreiter-invest.de.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest


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Robert Rethfeld
 

 

 

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