Der Wellenreiter
                          Wirtschaftsthemen der Zeit

 

   

7. Februar 2009
Urgewalten in der Finanzwelt-Arena

Die Finanzwelt-Arena ist der Schauplatz des alle vier Jahre ausgetragenen Frühjahrs-Spektakels. Die Arena ist bis auf den letzten Platz ausverkauft. Die Stimmung ist emotionsgeladen. Ein neuer Herrscher hat in der Loge Platz genommen. Kaiser Obama hat frische, unverbrauchte Kräfte in die Arena geschickt. Seit Wochen tobt der Kampf gegen eines der größten Biester, das je in der Finanzwelt-Arena aufgetreten ist: Ein Biest namens „Global Depression“. Traditionell dauert das Frühjahrs-Spektakel 100 Tage.

In den Stuhlreihen neben Kaiser Obama haben diverse Sub-Kaiser Platz genommen. Sie nennen sich Merkel, Sarkozy, Brown. Merkel wirft dem Volk in den Pausen einen Knochen namens „Abwrackprämie“ zu. Das Volk reißt sich darum, weiß aber nicht, dass es sich um einen Trick handelt: Das Volk bekommt die Abwrackprämie, dafür aber werden die Autos nicht rabattiert. Autohändler und Autobauer profitieren, freuen sich und huldigen der Sub-Kaiserin, die freundlich lächelnd zurückwinkt.

Plötzlich erhebt Kaiser Obama die Hand. Er gebietet dem Volk Ruhe. Auch das Geplapper von Merkel, Sarkozy und Brown verstummt. Es ist ganz ruhig in der Arena.

Fanfaren kündigen den Auftritt der Gladiatoren an: Sie heißen Geithner, Summers und Volcker. Es ist eine Mischung aus erfahrenden und jüngeren, heißblütigen Kämpfern. Das Volk applaudiert. In den Katakomben der Arena ist das Biest nur mühsam zu bändigen. „Global Depression“ zerrt an den Gitterstäben. In dem Moment, in dem das Tor aufgeht, stürmt das Biest mit lautem Gebrüll in die Arena. Werden unsere Helden es schaffen, das Biest zu besiegen?

Das Spektakel ist seit dem 20. Januar 2009 – dem Krönungstag des neuen Kaisers – nahezu ununterbrochen im Gange. In urbs et orbis hat sich das Ereignis herumgespro-chen. Immer mehr Menschen strömen zur „Finanzwelt-Arena“. Begierig saugen sie jede Wendung des Kampfes auf.

Die Wettschalter in der Arena sind gut besucht. Verschiedene Gruppen lassen sich beobachten. Da ist das smarte Geld, das gewöhnlicherweise ein recht gutes Händchen für den Ausgang von Gladiatorenkämpfen hat. Das smarte Geld setzt seit Beginn der Kämpfe darauf, dass die Gladiatoren das Biest besiegen. Und da ist das einfache Volk, das üblicherweise verliert, wenn das smarte Geld gewinnt. Aber die Wettquoten sind diesmal konfus: Auch das einfache Volk setzt auf den bevorstehenden Tod des Biestes. Werden das smarte Geld und das Volk gemeinsam die Gewinner sein? Ein solches Ereignis ist eine äußerst seltene Angelegenheit. Oder verlieren das smarte Geld und das Volk gemeinsam?

Das Spektakel selbst wird in der Arena mit äußerster Brutalität ausgetragen. Während Geithner, Summers und Volcker das Biest mit Dollarscheinen bewerfen, giftet das Biest mit Arbeitsplatzverlusten zurück. Kaiser Obama weiß: Seine Gladiatoren haben genau 100 Tage Zeit, das Biest zu besiegen. Ansonsten würde das Volk unruhig und beginnen, ihm die Gefolgschaft zu verweigern. Sub-Kaiserin Merkel muss sich demnächst ihrem Volk stellen. Ergo: Die Zahl der Knochenwürfe muss in den kommenden Monaten gesteigert werden. Man überlegt, ob man nicht die aus dem Tennisspiel bekannten Ballwurfmaschinen einsetzt, um das Volk noch schneller mit Knochen bewerfen zu können. Die Autoindustrie hat sich bereits angeboten, die Ballwurfmaschinen kostenlos zu sponsern.

Kaiser Obama gibt sich cool. Er lächelt und lässt sich vom Volk huldigen. Doch das ist nur Fassade. Kaiser Obama hat Angst. Er glaubt, dass „Global Depression“ die Macht hat, seine Amtszeit zu zerstören. 20 der 100 Tage des Frühjahrspektakels sind bereits vergangen. Noch hat sich keiner der Gegner einen entscheidenden Vorteil verschafft.

Kaiser Obama möchte den „sudden death“ der Bestie. Er plant deshalb für die kommende Woche einen entscheidenden Schlag, den Gladiator Geithner ausführen soll. Die Wetten sind gesetzt. Das Volk und das smarte Geld wollen von einem Sieg des neuen Kaisers profitieren. Aber diese Bestie ist bärenstark. Nie war das Frühjahrsspektakel spannender als in diesen Tagen. 

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

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Robert Rethfeld
 

 

 

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