17. Mai 2009
Langfrist-Bullenmarkt in Anleihen ungetrübt
Wie häufig haben Sie in den letzten Jahren gelesen, dass die Zinsen bald
steigen werden und man sich schnell noch die günstigen Zinsen für die
Finanzierung einer Immobilie sichern sollte? Wie häufig kommt es vor, dass
der Staatsbankrott für die USA oder Deutschland vorhergesagt wird, weil
die Zinsen für US- oder deutsche Staatsanleihen derart steigen würden,
dass den Staaten ihre Zinslast nicht mehr bedienen können?
Das mag ja alles kommen. Aber ein Blick auf die Charts zeigt eine andere
Entwicklung. Seit den 80er Jahren steigt der Kurs der 10jährigen
US-Anleihen. Dieser Aufwärtstrend lässt sich durch zwei Linien
verdeutlichen (blau).
Während die Rohstoffpreise seit ihrem Hoch im Sommer 2008 um bis zu 75
Prozent einbrachen (US-Erdöl), wurde bei den 10jährigen US-Anleihen seit
dem Hoch im Dezember 2008 ein Rückgang von 15 Prozent verzeichnet. Die
Anleihen befinden sich weiter oberhalb ihrer 200-Tages-Linie und auch
oberhalb der Hochs der Jahre 2003 und des Frühjahrs 2008.
Wie der folgende Chart zeigt, bedeutet die Bewegung seit Dezember 2008
nicht mehr als ein Pullback zur Ausbruchslinie (rot).
Wie verläuft in der Regel eine Bodenbildungsphase des Zinssatze
(=entsprechend einer Topbildungsphase der Anleihenkurse?). Uns liegen
Daten seit 1870 vor.
Danach benötigen Bodenbildungsphasen Zeit (meist mehrere Jahre). Selbst
wenn die Zinsen im Dezember 2008 ihren Tiefpunkt markiert haben sollten,
wäre nach einem fast dreißig Jahre andauernden Zins-Bärenmarkt
(Anleihen-Bullenmarkt) nicht zu erwarten, dass die Zinsen gleich wieder in
Richtung 5 oder 6 Prozent steigen.
Fazit: Der langjährige Anleihen-Bullenmarkt ist intakt. Hier kam es – im
Gegensatz zum Aktienmarkt – nicht zu einem verlorenen Jahrzehnt, sondern
zu einer deutlich bullishen Entwicklung (Kursanstieg etwa 30 Prozent seit
Anfang 2000). Solange wichtige charttechnische Unterstützungen weiterhin
intakt sind, lässt sich der seit Dezember 2008 stattfindende Kursrückgang
lediglich als Korrektur in einem intakten Langfrist-Bullenmarkt
bezeichnen. Mir ist kein Fall eines Staatsbankrottes bekannt, der bei
derart niedrigen Zinsen wie aktuell stattfand.
Ein Staatsbankrott ist regelmäßig mit einem Zinssatz von 10 Prozent oder
mehr verbunden. Für eine solche Entwicklung liefern die Charttechnik und
die historische Erfahrung derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Reden wir noch
einmal darüber, wenn wichtige charttechnische Signale anzeigen, dass der
Langfrist-Anleihenbullenmarkt beendet ist.
Verfolgen Sie das Marktgeschehen in
unserer handelstäglichen Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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