6. Juni 2009
Markt beginnt US-Leitzinserhöhung einzufordern
Erste Anzeichen einer Abflachung der Zinsstrukturkurve sind seit
vergangener Woche erkennbar. Dargestellt ist die US-Zinsstrukturkurve mit
verschiedenen Laufzeiten zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Wer sich an Antoine de Saint Exuperys Bild aus „Der kleine Prinz“ von der
Riesenschlan-ge, die einen Elefanten verdaut, erinnert, wird der folgenden
Ausführung leichter folgen können. Seit Mitte Dezember 2008 stiegen
zunächst die Zinsen am langen Ende deutlich an (schwarzer Doppelpfeil). In
jüngster Zeit sind die Zinsen im fünfjährigen Bereich (orangefarbiger
Doppelpfeil) besonders angestiegen. Auch im zweijährigen Bereich war der
Zinsanstieg jüngst sehr deutlich (hier nicht im Bild).
Abgeschlossen ist der Prozess jedoch erst, wenn auch die Zinsen am kurzen
Ende deut-lich zu steigen beginnen. Der Zinssatz für Drei-Monats-T-Bills
bewegte sich in der ver-gangenen Woche um die 0,13 Prozent, stieg jedoch
am Freitag auf 0,18 Prozent an. Ist dieser Anstieg der Vorbote zu einem
noch größeren Zinsanstieg am kurzen Ende? Der oben geschilderte Ablauf
lässt dies vermuten. Um im Bild zu bleiben: Der Elefant rutscht vom langen
bis zum kurzen Ende durch die Schlange.
Es gibt noch einen weiteren „Beweis“ für eine sich ankündigende
Leitzinserhöhung. Dieser betrifft das Verhalten der Marktteilnehmer im
Fed-Funds-Futures-Markt (Erwartung für den US-Leitzins).
Noch vor 14 Tagen (25.Mai; blaue Linie) erwarteten die Futures-Trader bis
zum Jahresende praktisch keine Leitzinsveränderung. Dies hat sich komplett
geändert: Am Freitag befand sich die Konsenserwartung für den US-Leitzins
für den Dezember bei knapp 0,6%; für den März 2010 bereits bei 1 Prozent.
Wie immer werden die Märkte die Fed zum Reagieren zwingen; die Fed wird
die Zinsen nicht ohne Druck erhöhen. Aber falls – wie wir vermuten – bald
auch die Zinssätze für Drei-Monats-Gelder anziehen werden, wird der Fed
nichts anderes übrig bleiben, als möglicherweise noch in diesem Jahr von
ihrer Nullzinspolitik abzurücken. Die Erwartung für ein Abrücken von der
Null-Zins-Politik dürfte die Ängste der Marktteilnehmer vor einem
frühzeitigen „Absaufen“ der konjunkturellen Erholung schüren – und damit
ein Misslingen der Reflationierung. Der US-Dollar-Index neigt bei einer
Reflationierung zur Schwäche, aber sollte diese tatsächlich unterbrochen
werden, so würde er von einem Comeback der Deflation gestärkt werden.
Rohstoffe wiederum mögen die Reflationierung, aber eben keine Deflation.
Deshalb haben die Rohstoffe am Donnerstag eine Umkehr vollzogen, die am
Freitag nicht wieder gut gemacht werden konnte und deshalb als
nachhaltiger zu bezeichnen ist, als es die Rohstoffbullen derzeit
wahrhaben wollen. Aus unserer Sicht handelt es sich jedoch lediglich um
eine Unterbrechung der Reflationierung, nicht um ein Scheitern. Lesen Sie
den gesamten Text in der aktuellen Montagsausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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