27. Juni 2009
Kein Weg zurück
Am Freitag wurde die Sparquote für die USA (Mai 2009) veröffentlicht. Die
Quote beträgt jetzt 6,9 Prozent vom verfügbaren Einkommen. Noch vor einem
Jahr (im April 2008) hatte die Sparquote null Prozent betragen. In 2005
war sie zeitweise ins Minus gerutscht. In Deutschland beträgt die
Sparquote seit Jahren konstant zwischen 10 und 12 Prozent. Nouriel Roubini
vermutet, dass die US-Sparquote auf dem Weg ist, ebenfalls zweistellige
Prozentsätze zu erreichen.
Wir fragen uns, ob dies ein eher zyklisches Phänomen ist - die Sparquote
würde sich in einer wirtschaftlichen Erholung wieder deutlich verringern -
oder ob hier eine dauerhafte Niveauverschiebung eingetreten ist. Eine
Erhöhung der Sparquote bedeutet – bei unverändertem verfügbarem Einkommen
– eine Einschränkung im Konsumverhalten.
„Konsumieren“ bedeutet den Kauf von Gütern und Dienstleistungen am Ende
der Handelskette (Stichwort: „End-Verbraucher“). Der überwiegende Teil des
Konsums fließt in Güter, ein kleinerer Teil in Dienstleistungen.
Konsumgüter lassen sich in langlebige und kurzlebige Konsumgüter
unterscheiden. Zu den langlebigen Konsumgütern zählen Autos, Möbel und
Waschmaschinen. In der Regel sind dies Anschaffungen, die mindestens drei
Jahre genutzt werden. Betrachtet man die prozentualen Veränderungen
langlebiger Wirtschaftsgüter in den USA, so verhält sich der
aktuelle Zyklus annähernd normal (siehe folgender Chart).
Der Einbruch ist nicht ganz so scharf wie der Rezession von 1990, aber
stärker als beispielweise in den Rezessionen von 1974 und 1980.
Werfen wir jetzt einen Blick auf die Entwicklung des Verbrauchs der
kurzlebigen Konsumgüter. Diese werden entweder sofort oder
innerhalb kurzer Zeit verbraucht. Man nennt sie auch „Güter des täglichen
Bedarfs“. Dazu zählen z.B. Lebensmittel, Kleidung, Schuhe, Kosmetika,
Reinigungsmittel, Zigaretten und Benzin (folgender Chart).
Hier zeigt sich,
dass sich der US-Konsument hier selbst in Rezessionen nie besonders
eingeschränkt hat.
Seit 1960 wurde stets ein Wachstum gegenüber dem Vorjahresmonat
registriert. Aber jetzt ist das anders. Die Finanzkrise führt
offensichtlich zu einer Verhaltensänderung. Die Erhöhung der Sparquote
findet vor allen Dingen in einer veränderten Einstellung des Verbrauchers
zu kurzfristigen Wirtschaftsgütern statt.
Wie weiter oben bereits geschrieben betrug die Sparquote der US-Haushalte
Mai 6,9 Prozent.
Der Chart zeigt einen interessanten – und logischen – Zusammenhang. Seit
Anfang der 80er Jahren fielen die Renditen und somit auch die
Kreditzinsen. Gleichzeitig wurde Sparen immer unattraktiver. Von dieser
Konstellation angelockt lebten immer mehr US-Bürger auf Pump. Ein eigenes
Haus schien auch für den Teil der Bevölkerung, der sich normalerweise ein
Haus nicht leisten kann, erschwinglich zu sein.
Parallel zum Anstieg der Sparquote – und damit dem Abbau der Verschuldung
der Privat-haushalte – steigen die Renditen. Gemäß unserem
30-Jahres-Zinszyklus …..
…sind in den kommenden 30 Jahren eher steigende Zinsen zu erwarten. Dies
bedeutet für die kommenden 30 Jahre eine tendenziell eher steigende
Sparrate der US-Verbraucher. Dies wiederum hat zur Folge, dass zusätzliche
Impulse aus dem Kreditgeschäft für den Konsum weitestgehend nicht zu
erwarten sind.
Derzeit wird viel von einer Normalisierung der Märkte gesprochen. Wenn
damit auch eine Normalisierung des Verhaltens des US-Verbrauchers (im
Sinne des Verhaltens der vergangenen Jahre) gemeint sein sollte, dann
treten wir dieser Ansicht entgegen. Eine dauerhaft erhöhte Sparquote des
US-Konsumenten passt nicht zu einer Wiederbelebung des Konsumrausches;
genauso wenig wie eine grundsätzliche Verhaltensänderung im Konsum von
Gütern des täglichen Bedarfs. Die Herbstpanik 2008 mit dem Einbruch des
Konsums war eine Zäsur. Die neue Normalität ist nicht die alte. Darauf
müssen sich die Teilnehmer am Wirtschaftskreislauf einstellen.
Verfolgen Sie die Finanzmarktsituation in unserer handelstäglichen
Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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