3. Oktober 2009
"Blow off"-Phase der Bevölkerungsentwicklung läuft
In der vergangenen Woche schrieben wir über den Klimawandel und merkten
an, dass das bis heute andauernde Zeitalter des
Holozän,
das im Jahr 9620 v. Chr. begann, ein so genanntes „Interglazial“ (eine
etwas wärmere Phase in einem Eiszeitalter) ist.
Um das Jahr 9600 v. Chr. teilten sich mutmaßlich vier Millionen Menschen
unseren Planeten. Es dauerte weitere 6.500 Jahre, bis die
10-Millionen-Marke überschritten wurde.
Quelle:
http://www.census.gov/ipc/www/worldhis.html (ab 2050 eigene Schätzung
unter Beibehaltung der seit 1989 negativen Wachstumsdynamik).
500 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung wurde die Erde von rund 100
Millionen Menschen bewohnt. Die Eine-Milliarde-Marke überwand unsere
Spezies zwischen 1800 und 1810. Unweigerlich begann sich der „Hockey
Stick“ der Menschheitsentwicklung zu formen. Von der fünften (1987) bis
zur sechsten Milliarde (1999) dauerte es ganz zwölf Jahre. Wenn man den
Chart betrachtet, kommt einen da nicht unweigerlich der Name „Blow off
Top“ in den Sinn? Von einer „Blase der Bevölkerungsentwicklung“ kann ohne
Zweifel gesprochen werden.
Richtig ist, dass die Wachstumsdynamik bereits abnimmt. So werden von der
sechsten zur siebten Milliarde voraussichtlich vierzehn Jahre vergehen
(1999 bis 2013); von der achten bis neunten Milliarde (voraussichtlich
2028 bis 2048) werden laut Prognosen des US-Census-Büros 20 Jahre benötigt
werden.
Die abnehmende Wachstumsdynamik zeigt der folgende Chart. Danach erreichte
das Bevölkerungswachstum im Jahr 1989 mit einem Zuwachs von 87 Millionen
einen Peak, der vielleicht nicht ewig, aber doch für einige hundert Jahre
Bestand haben könnte.
Quelle:
www.census.gov
Ein sekundärer Peak wird für das kommende Jahr prognostiziert. Was hat
dieses Thema mit den Finanzmärkten zu tun? Es stellt sich die Frage, wie
sich ein tendenziell abneh-mendes Bevölkerungswachstum auf das Wachstum
der Weltwirtschaft auswirkt.
Quelle:
www.census.gov (bis 2050; danach eigene Schätzung unter Beibehaltung
der seit 1989 negativen Wachstumsdynamik).
In den Industrieländern – mit einem teilweise bereits zum Stillstand
gekommenden Bevölkerungswachstum - sind die Wachstumsraten der BIPs seit mehreren Jahrzehnten
tendenziell rückläufig. In den Schwellenländern wir Brasilien, China und
Indien werden häufig zweistellige BIP-Zuwächse pro Jahr registriert. Diese
Zuwächse speisen sich nur bedingt aus dem Bevölkerungswachstum. Wichtiger
ist der weite Bevölkerungsschichten umfassende strukturelle Wandel von
der Agrar- zur Industrie- und Dienstleistungsgesell-schaft.
Die (noch) führenden Industrienationen haben den Nachteil, dass sie ihr
Wirtschafts-wachstum weder aus einem deutlich wachsenden Bevölkerungspool
noch aus einem umfassenden Strukturwandel heraus befeuern können. Sie
werden unter diesem „Burn out-Syndrom“ längerfristig leiden. China, Indien
und Brasilien dürften in wenigen Jahrzehnten ebenfalls „ausgebrannt“ sein.
Wenn man sich klar macht, dass über 80 Prozent der Weltbevölkerung von 10
Dollar oder weniger pro Tag leben, so bleibt die Hoffnung, dass sich auch
andere Regionen bald an die Fleischtöpfe der Welt heran machen und für
Wachstumsersatz sorgen. Afrika ist ein vielgenanntes Beispiel.
Fazit: Das weltweite Bevölkerungswachstum schickt sich an, ein „Blow off
Top“ zu generieren (auf der Langfristskala). Nach unseren Maßstäben wird
sich dieses Top zeitlupenartig bilden. Dabei dürfte – trotz bereits jetzt
zurückgehender Bevölkerungs-Wachstumsraten – der strukturelle
gesellschaftliche Wandel noch längere Zeit der Treiber des weltweiten
BIP-Wachstums
sein. Eine negative Ausnahme bilden die noch führenden Industrie-nationen,
zu denen beispielsweise die USA, Deutschland und Japan zählen.
Sollten die
Bevölkerungs-Prognostiker recht behalten, so wird irgendwann der
Strukturwandel der „Spätzünder“-Staaten (möglicherweise in Afrika
beheimatet) nicht mehr ausreichen, um die „kippende“
Bevölkerungsentwicklung abzufedern.
Eine solche Phase dürfte jedoch noch einige Jahrzehnte entfernt sein.
Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen
Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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