Der Wellenreiter
                          Wirtschaftsthemen der Zeit

 

   

05. Dezember 2009
Die Defizit-Dekade

In knapp einem Monat ist die erste Dekade des laufenden Jahrhunderts Vergangenheit. Für die Aktienmärkte der meisten Industrieländer waren die vergangenen 10 Jahre eine verlorene Dekade. Die „Stars“ waren die Rohstoffe: Der Ölpreis konnte sich verdreifachen. Insbesondere die Edelmetalle konnten sich deutlich verbessern: Gold stieg von 290 auf 1.200 Dollar (Anfang Dez.09) und vervierfachte sich – wie Silber auch.  

Die öffentliche Verschuldung der USA hat sich in den vergangenen beiden Jahren deutlich beschleunigt. Das Etat-Defizit für das laufende Haushaltsjahr wird aktuell auf 1,4 Billionen US-Dollar geschätzt (siehe Pfeil).

Ein Großteil der Verschuldung ist am kurzen Ende erfolgt. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 1. Dezember sagte der US-Volkswirt Kenneth Rogoff, dass in den kommenden zwei Jahren 40 Prozent der US-Staatsschuld refinanziert werden muss. Und darin seien die Schulden der Fed noch nicht einmal enthalten. Also dürfte Bernanke den Leitzins in den kommenden zwei Jahren gar nicht anheben (den Zins am kurzen Ende kann die Fed bestimmen). Aber: Sollte die Fed früher als erwartet vom Markt gezwungen werden, den Leitzins anzuheben, kämen deutliche Zins-Zusatzbelastungen auf die Staatskasse zu. Die heute veröffentlichten US-Arbeitsmarktdaten lassen den Zins am langen Ende steigen. Der Druck auf die Fed, bereits jetzt den Leitzins zu erhöhen, wächst deutlich. In unserer Wochenend-Kolumne vom 7. November hatten wir die aktuellen Ereignisse bzgl. des US-Arbeitsmarktes prognostiziert. http://tinyurl.com/ylsdgul

Die Fed gerät in eine immer engere Zwickmühle, aus der es kaum ein Entrinnen gibt. Der einzige Ausweg ist derjenige, den Roosevelt im Jahr 1933 gewählt hat: Gold muss rauf.

In dem angesprochenen Interview bezeichnete Rogoff die Heraufsetzung des Goldpreises von 20 auf 35 US-Dollar durch US-Präsident Roosevelt im März 1933 als „Staatsbankrott“. Da der US-Dollar an den Goldpreis gekoppelt war, entsprach diese Aktion einer Dollar-Abwertung um 43 Prozent. Schlagartig waren nicht nur die Dollar-Vermögen, sondern auch die Schulden nur noch gut die Hälfte wert. Roosevelt führte diese Entschuldung auf dem Höhepunkt der Deflation durch (siehe Pfeil folgender Chart).

Wäre Gold heute noch die offizielle Standard-Weltwährung, dann müsste man sich um den Entschuldungsprozess keine Sorgen machen: Die US-Verschuldung hat sich in Gold gerechnet seit dem Jahr 2000 mehr als halbiert (nächster Chart), und das trotz des horrenden Schuldenzuwachses in 2008 und 2009.

Die Goldaufwertung, die Roosevelt 1933 „per ordre de mufti“ verkündet hatte, ist für diese Dekade - durch die Vervierfachung des Goldpreises seit dem Jahr 2000 - längst übererfüllt. Sollte sich der Goldpreis noch einmal verdoppeln, so würde die öffentliche Verschuldung der USA - in Gold gerechnet - auf ein Niveau fallen, wie es in den 70er Jahren üblich war (siehe Pfeil).  

Die Korrelation zwischen der Verschuldung gerechnet in Gold und dem inflations-bereinigten S&P 500 ist kein Zufall: Der große Aktien-Bullenmarkt begann mit dem „Deficit-Spending“ Ronald Reagans zu Beginn der 80er Jahre. Mehr Verschuldung bedeutet mehr Liquidität. Und das wiederum begünstigt generell die Aktienmärkte. Das funktioniert jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt, nämlich so lange der Staat gewillt und in der Lage ist, das Defizit zu finanzieren.

Fazit: Für 40 Prozent des gesamten Staatshaushaltes bezahlt die USA derzeit praktisch keine Zinsen. Die Arbeitsmarktdaten bringen die Fed unter Zinserhöhungsdruck. Gibt die Fed dem Druck nach, würde das dem US-Haushalt den Garaus machen. Die Manövrier-fähigkeit der Fed wird mehr und mehr eingeengt. Es ist wie bei einem angeschlagenen Boxer, der in der Ecke steht und nicht mehr herauskommt. Bernanke hat in kürzlich in einer Anhörung gesagt, „er sehe momentan nirgendwo Blasen“. Natürlich nicht. Auch nicht in Gold. Erst nach einer Verdoppelung vom aktuellen Wert aus beginnt die Schwelle, ab der Gold als Währung für die US-Regierung interessant wird. Die Hyperinflation ist nicht der einzige Weg, der im Hinblick auf eine Entschuldung gegangen werden kann.

Unser Finanzmarktausblick für das Jahr 2010 erscheint Ende Dezember. Bestellungen per E-Mail an rrethfeld@wellenreiter-invest.de können ab sofort erfolgen (Kosten 30 Euro). Für Abonnenten (kein Schnupperabo) ist der Ausblick im Abopreis enthalten.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

P.S. Ein kostenloses 14tägiges Schnupperabonnement erhalten Sie unter www.wellenreiter-invest.de
 

Kostenloses Abonnement des Wochenend-Wellenreiters: Bitte hier klicken, E-Mail-Adresse eintragen und absenden.

Alle Wochenend-Wellenreiter seit dem Jahr 2003 sind im Archiv verfügbar.


 

 

 



Robert Rethfeld
 

 

 

Impressum/
Datenschutz/
rechtl. Hinweise/
Haftung/
Disclaimer