Wochenend-Wellenreiter vom 15. Mai 2010
Bezugsgröße Gold
Das Passagierflugzeug mag mit
900 km/h
von London nach New York fliegen, gegenüber der Erddrehung fliegt es
dennoch scheinbar rückwärts (sprich: Die Erde dreht sich schneller, als
das Flugzeug fliegen kann). Die Passagierflug-Ausnahme bildete die
Concorde: Sie schaffte es, nominal zu einer Uhrzeit in New York zu sein,
die vor der Uhrzeit lag, zu der sie in London abflog.
(Fast) alles ist relativ, es
kommt auf das Bezugssystem an.
In der realen Welt bietet nur die Lichtgeschwindigkeit eine absolute
Größe.
Sucht man für die Finanzwelt
eine absolute Größe, so rückt der Goldpreis ins Blickfeld. Schon in der
Antike sollen eine gute römische Toga, ein Gürtel und ein Paar Sandalen in
etwa das gleiche gekostet haben wie heutzutage ein guter Anzug, ein Gürtel
und ein Paar Schuhe: Nämlich eine Feinunze Gold. Diese Konstante lässt
sich für die vergangenen 210 Jahre grafisch darstellen. Man erkennt, dass
der um den Faktor Inflation bereinigte Goldpreis im Großen und Ganzen
seitwärts verläuft.
Gold schützt vor Inflation.
Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Goldpreis ist die Größe in der
Finanzwelt, die man angenähert als „Konstante“ bezeichnen kann. Es liegt
daher nahe, die Entwicklung wichtiger Anlageklassen in Gold „aufzuwiegen“.
Der S&P 500 befindet sich in
einer Mittelposition. Weder liegt eine Übertreibung wie zur
Jahrhundertwende noch eine Untertreibung wie zu Beginn der 1980er Jahre
vor.
Allerdings lässt sich eine
untere Trendlinie mit drei Berührungspunkten einzeichnen, die nahelegt,
dass sich der S&P 500/Gold-Ratio nicht weit von einer wichtigen
Unterstützung entfernt befindet (siehe Pfeil). Der Abwärtstrend ist jedoch
intakt.
Im Falle der Währungen ist das
Bild dunkler. Der zurückgerechnete Euro befindet sich – aufgewogen in Gold
– auf einem Allzeittief, ohne dass eine Unterstützung erkennbar ist.
Das gleiche gilt für den
US-Dollar (nächster Chart) und vielen anderen Währungen.
Die momentane Stärke des
US-Dollar ist eine relative Größe. Die Stärke besteht lediglich gegenüber
anderen Währungen, nicht aber gegenüber der Bezugsgröße Gold.
In Zeiten des Finanzchaos
erscheint es wichtig, einer Konstante zu vertrauen, die seit Urzeiten den
Inbegriff von Stabilität darstellt. Das ist Gold. Wer jedoch Rendite will,
muss riskanter spielen. Eine inflationsbereinigte Aufwärtsbewegung schafft
langfristig nur eine Anlageklasse: Der Aktienmarkt. Dies zeigt der
folgende Chart, mit dessen Hilfe wir den Verlauf des bis 1800
zurückgerechneten Dow Jones Index darstellen.
Fazit: Gold ist eine „historisch verbürgte“ Bezugsgröße für die
Finanzmärkte. Gold stellt langfristig eine Konstante dar. Eine Realrendite
wirft Gold allerdings nicht ab. Um diese zu erhalten, muss man langfristig
in die Aktienmärkte hinein, so schmerzhaft dies häufig auch erscheint. Aus
Sicht der S&P 500/Gold-Ratio dürfte eine wichtige Unterstützung zu Gunsten
der Aktienmärkte in Reichweite liegen, auch wenn der Abwärtstrend der
Ratio intakt ist. Verfolgen Sie das Geschehen an den Finanzmärkten in
unserer handelstäglich erscheinenden Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
P.S. Ein
kostenloses 14tägiges Schnupperabonnement erhalten Sie
unter
www.wellenreiter-invest.de
|