Wochenend-Wellenreiter vom 12. Juni 2010
"Das Viertelfinale long gehen"
Die Fußball-Weltmeisterschaft
2010 in
Südafrika hat begonnen. Eine „emotionale Käseglocke“ legt sich alle vier
Jahre über die Welt. Ängste und Sorgen treten für einige Wochen in den
Hintergrund. Finanzkrisen, Sparzwänge, Euroabwertung und notwendige
Neuordnungen der Finanzwelt interessieren nur noch den
Hardcore-Fußball-Abstinenzler.
Ein paar Fakten: Bei der ersten WM in Uruguay 1930 spielten 13
Mannschaften, mittlerweile sind es 32 Mannschaften. Die Folge ist eine
Verlängerung der WM-Dauer: Vor dem zweiten Weltkrieg dauerte eine WM zwei
Wochen, nach dem Krieg bis 1970 drei Wochen, 1974/78 dreieinhalb Wochen
und seit 1982 vier Wochen. Der aktuelle Spielmodus (Vorrunde, Achtel-,
Viertel-, Halbfinale, Spiel um Platz 3 und Finale) existiert seit 1986.
Titelverteidigungen gelangen Italien 1938 und Brasilien 1962, ansonsten
gibt es immer alternierend Gewinner aus Südamerika und Europa. Da Italien
2006 Weltmeister wurde, ist für diese WM rein statistisch ein Gewinner aus
Lateinamerika (Brasilien, Argentinien, Paraguay, Mexiko, Honduras, Chile,
Mexiko, Uruguay als Teilnehmer 2010) als wahrscheinlicher anzusehen als
ein europäischer Gewinner. Italien scheiterte als Titelverteidiger 1938
beim Folgeturnier 1950 bereits in der Vorrunde. Auch nach dem Titelgewinn
von 1982 scheiterte Italien 1986 bereits frühzeitig (im Achtelfinale).
Südafrika dürfte für Italien kein gutes Pflaster werden.
Der Topfavorit bei den Buchmachern ist Spanien vor Brasilien. Deutschland
schied noch nie in der Vorrunde aus. Viermal gelang die Qualifikation für
die nächste Runde als Gruppenzweiter (1954, 1974, 1978, 1986). Bis auf
die WM 1978 in Argentinien gelang als Gruppenzweiter der Weg in das
Finale, davon zweimal (1954 und 1974) siegreich. Die relative Schwäche in
der Vorrunde war demnach kein negatives Omen für den Turnierverlauf.
Als die saarländische Schlagersägerin Nicole 1982 erstmals den
europäischen Gesangs-wettbewerb für Deutschland gewann, gelang Deutschland
der Sprung in das Finale der Weltmeisterschaft. Der Sieg der
hannoverischen Abiturientin Lena Meyer-Landrut mit ihrem Song „Satellite“
in diesem Jahr dürfte ein gutes Omen für ein erfolgreiches Turnier der
deutschen Mannschaft sein.
Griechenland schoss noch nie ein Tor bei einer WM: Die Teilnahme 1994 in
den USA endete nach der Vorrunde ohne Punkte mit 0:10 Toren. Bei den
BRIC-Staaten dominiert nur Brasilien als erfolgreichste Nation
(Rekordgewinner mit 5 Titeln). Russland, Indien und China sind nicht
qualifiziert. Niederländisch-Indien spielte 1938 ein Spiel (0:6), Chinas
einzige Teilnahme in 2002 stand unter dem Motto: "Dabeisein ist alles".
Nach der Vorrunde verabschiedete sich China punktlos mit 0:9 Toren aus dem
Turnier. Als klassisches Rohstoffland ist lediglich Australien
qualifiziert. Sie stellen den ersten Gegner der deutschen Mannschaft am
Sonntag dar. Das gastgebende Land überstand stets die Vorrunde
erfolgreich.
Südafrika und Deutschland dürften demnach die Vorrunde überstehen. Siegt
der Top-Favorit der Buchmacher – Spanien -, so würde die alternierende
Serie der WM-Gewinner seit 1962 unterbrochen würden, bevor dann in 2014
(WM in Brasilien) der Gastgeber der Topfavorit wäre.
Für diejenigen, die mit dem einen Auge auf den TV-Schirm und mit dem
anderen Auge auf die Börsenkurse blicken, sei gesagt, dass eine Fußball-WM
eher magere Kost bietet: Aufwärtsbewegungen an den Aktienmärkten sind
während der WM Mangelware.
Nachfolgend zeigen wir den Durchschnittsverlauf des Dow Jones Index
während einer WM und danach. Eine WM dauert etwa 30 Tage (etwa 20
Handelstage). Die grünen Linien signalisieren den Durchschnittsverlauf
während der 20 Handelstage einer WM.
Üblicherweise
lassen sich die ersten drei Wochen einer WM aussitzen, ohne etwas zu
verpassen. Wer sich über ein mögliches Viertelfinal-Aus der deutschen
Nationalmannschaft gegen Argentinien ärgern sollte, sollte den Fernseher
ausschalten und stattdessen einen Blick auf das Geschehen an den
Aktienmärkten werfen: Statistisch betrachtet ergibt sich um den
Viertelfinaltermin herum (2./3. Juli) eine Kaufgelegenheit (siehe Pfeil
obiger Chart). Nach anderen von uns verfolgten zyklischen Mustern könnten
sie bereits einige Tage früher auftreten. Und die Aufwärtsbewegung könnte
auch etwas größer sein, als das WM-Verlaufsmuster suggeriert (siehe grünen
Pfeil nächster Chart).
Der Zeitraum von Mitte Juli bis Mitte August würde die
Nach-WM-Entzugserscheinungen reflektieren (rote Linie obiger Chart).
Es gibt Leute, die glauben, dass während einer Fußball-WM besonders harte
und ärgerliche Entscheidungen von der Politik getroffen werden. Die
Politik kann dann sicher sein, dass diese Meldung nicht die Titelseite
erreicht, sondern von WM-Schlagzeilen auf die Innenseiten gedrängt werden.
Fazit: Die Voraussetzungen für eine einigermaßen erfolgreiche WM des
deutschen Teams sind nicht schlecht. Wenn die Löcher im Spielplan größer
werden und die Händler beginnen, auch mal wieder auf den Trading-Schirm zu
schauen, dürften sich an den Aktienmärkten Kaufgelegenheiten ergeben.
Hinzu kommt: Die US-Amerikaner befinden sich in der ersten Juli-Woche dank
ihres Unabhängigkeitstages am 4. Juli in Feierlaune. Es ist daher kein
Zufall, dass die erste Juli-Woche traditionell einen Zeitraum darstellt,
an dem die Aktienmärkte meist deutlich steigen (siehe Durchschnittsverlauf
nächster Chart).
Robert Rethfeld und Alexander Hirsekorn
Wellenreiter-Invest
Verfolgen Sie das Geschehen an den Finanzmärkten in unserer handelstäglich
erscheinenden Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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