Wochenend-Wellenreiter vom 14. August 2010
Neues Hindenburg-Omen
Am Donnerstag hat der
US-Aktienmarkt - erstmals seit zwei Jahren - ein Hindenburg-Omen
geliefert. Nach dem „Knapp-Nicht-Hindenburg-Omen“ vom Mittwoch entschloss
sich der Markt diesmal zu einem klaren Signal. 92 neuen Hochs standen 81
neue Tiefs gegenüber. Das Chartbild sieht damit so aus:
Per gestern wurden alle
Bedingungen vollständig erfüllt:
1. Der McClellan-Oszillator
war negativ;
2. Der 10-Wochen-GD der NYSE
war positiv;
3. Die Zahl der neuen
52-Wochen-Hochs an der NYSE war nicht mehr als doppelt so groß wie die
Zahl der neuen 52-Wochen-Tiefs (92 neue Hochs; 81 neue Tiefs).
4. Die Zahl der neuen Hochs
machte mehr als 2,2% der Gesamtzahl der gehandelten Aktien aus (es waren
2,9%).
5. Die Zahl der neuen Tiefs
und der neuen Tiefs machte mehr als 2,2% der Gesamtzahl der gehandelten
Aktien aus (es waren 2,6%).
An jedem einzelnen Handelstag
sind zwischen null und fünf Bedingungen für das Hindenburg-Omen erfüllt.
Auf der linken Skala (folgender Chart) ist die Zahl der erfüllten
Bedingungen dargestellt. Die Tage, bei denen alle fünf Bedingungen erfüllt
wurden, stoßen an die eingezeichnete rote Linie.
Man erkennt, dass seit Beginn
des Anstiegs im März 2009 nicht bis vorgestern zu keiner Zeit mehr als
drei Bedingungen erfüllt waren (grüner Kreis). Das lag daran, dass die
Zahl der neuen Tiefs über den gesamten Zeitraum ungewöhnlich niedrig war.
Somit geriet die Zahl neuer Hochs stets mehr als doppelt so hoch wie die
Zahl neuer Tiefs. In dem genannten Zeitraum herrschte aufgrund der
geringen Zahl neuer Tiefs eine konstant gute Marktbreite, die sich in
einer bullishen Advance/Decline Linie (nächster Chart) äußerte.
Ein Blick auf den Verlauf der
AD-Linie zeigt, dass diese Stärke noch nicht gebrochen ist. Im Gegenteil:
Zum S&P 500 wurde durch das noch Anfang der Woche erzielte neue
Allzeithoch eine positive Divergenz ausgebildet. Die Schwäche der
Marktbreite existiert demnach erst seit drei Tagen, die relative Schwäche
der Nebenwerte etwas länger. Die Frage muss erlaubt sein, ob eine erst
seit wenigen Tagen anhaltende Schwäche in der Marktbreite ausreicht, um –
bei einem ohne Zweifel validen Hindenburg-Omen – auf weitere Verluste an
den Aktienmärkten schließen zu können.
Es ist richtig, dass
Hindenburg-Omen überwiegend Abwärtsverläufe der Indizes zur Folge haben.
Gemäß einem Artikel in Wikipedia beträgt die Wahrscheinlichkeit für eine
Abwärtsbewegung von mindestens 5 Prozent nach einem solchen Omen 77
Prozent innerhalb der nächsten 40 Tage. Die Wahrscheinlichkeit für eine
Verkaufspanik beträgt 41 Prozent, die eines Crashes 24 Prozent.
http://tinyurl.com/2lxttl
Wir halten diese Zahlen
zumindest im Hinblick auf die Crashes für zu hoch gegriffen. So viele
Crashes gab es nicht (1987, Mini-Crash Herbst 1998, Herbst 2008), als dass
viele Hindenburg-Signale hätten wirken können. Richtig ist allerdings,
dass Hindenburg-Omen stets Crashes – und meist auch Verkaufspaniken –
vorausgehen.
Es existieren jedoch
Gegenbeispiele, nicht jedes Hindenburg-Omen führt zum Abverkauf.
Als Beispiel für ein
Fehlsignal zeigen wir den Januar 1998 (siehe Pfeil nächster Chart). Damals
wurden – nach einer etwa halbjährigen Konsolidierungsphase – drei
Hindenburg-Omen hintereinander generiert (durch den dicken roten Strich
nahe des Pfeils gekennzeichnet).
Die Erwartungen an einen
Abverkauf erfüllten sich nicht, im Gegenteil: Das Signal im Januar 1998
bedeutete das Jahrestief im Dow Jones Index.
Hingegen wurden im Sommer 2007
acht Hindenburg-Signale generiert. Zwar gilt nicht immer: Je mehr Signale,
desto besser. Aber nach einem Cluster von 7 oder 8 Signalen beliefen sich
die Verluste regelmäßig mindestens zwischen 5 und 15 Prozent (Dow Jones
Index).
Fazit: Ein Hindenburg-Omen
schafft die Voraussetzung dafür, dass Crashes oder Verkaufspaniken
stattfinden können. Das Auftreten eines Hindenburg-Omens verurteilt den
Aktienmarkt jedoch nicht in jedem Fall zu einer Abwärtsbewegung;
Fehlsignale existieren. Mitte 2007 zeigten wir uns in mehreren Artikeln
von der Validität der damaligen Hindenburg-Omen überzeugt, zumal sie in
großer Anzahl auftraten.
http://tinyurl.com/5u86xj
und
http://tinyurl.com/33756t5
Diesmal nehmen wir das Omen
als das, was es ist: Eine Warnung, dass erhöhte Aufmerksamkeit an den
Aktienmärkten erforderlich ist. Sollten in den kommenden Tagen und Wochen
weitere Hindenburg-Omen auftreten, würde dies den Signalwert signifikant
erhöhen. Die Möglichkeit eines Fehlsignals kann derzeit nicht
ausgeschlossen werden.
Verfolgen Sie das Geschehen an den
Finanzmärkten in unserer handelstäglich erscheinenden Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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