Wochenend-Wellenreiter vom 18. September 2010
Die Früchte der Nullzinspolitik
Am Freitag berichtete die
US-Zentralbank, dass US-Unternehmen am Ende des zweiten Quartals 2010 über
einen Cash-Bestand von 1,85 Mrd. US-Dollar verfügten. Dies ist der höchste
Betrag seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1952. Da die Konsumneigung
der US-Amerikaner gering ist und gleichzeitig genügend freie
Produktionskapazitäten vorhanden sind, werden Investitionen – weil
überflüssig - zurückgestellt.
Was tun mit dem Cashbestand,
zumal man sich an den Kreditmärkten derzeit preiswert refinanzieren kann?
Entweder belässt man das Geld auf der Bank (und bekommt dafür fast
nichts), oder man steckt es – wenn es sich anbietet – in Akquisitionen.
Letzteres geschieht immer häufiger. Man darf davon ausgehen, dass die
M&A-Aktivitäten weiter zunehmen werden. Es kommt hinzu, dass in den USA
derzeit so viele IPOs in der Pipeline sind wie zuletzt im Jahr 2000.
Zunehmende M&A- sowie IPO-Aktivitäten deuten darauf hin, dass die
Aktienmärkte ein zunehmend lebendigeres Umfeld erhalten. Die Märkte
sollten damit das derzeit geringe Handelsvolumen bald hinter sich lassen.
Passend zu diesen
Entwicklungen hat das US-Geldmengenwachstum die Kurve gekriegt. Die
Wachstumsraten für die Geldmengen M1, M2 und MZM zeigen eine
Aufwärtstendenz.
Einer der Schlüsselcharts ist der historische Zusammenhang zwischen der
Fed Funds Rate („US-Leitzins“) und dem Wachstum der US-Geldmenge MZM.
Der folgende Chart zeigt Geldmengenwachstum und Fed-Funds-Rate um zwei
Jahre zeitversetzt.
Man kann gut erkennen, dass eine Veränderung der Fed-Funds-Rate etwa zwei
Jahre braucht, um das Wachstum der Geldmenge zu beeinflussen.
(Lesebeispiel: Der aktuelle Zinssenkungszyklus wurde 2007 von der FED
eingeleitet, die Geldmenge begann erst im Jahr 2009 deutlich zu fallen).
Auf dem obigen Chart ist der „Schlenker“ der Geldmenge nach oben deutlich
zu erkennen (siehe Pfeil): Die Nullzinspolitik beginnt, Früchte zu tragen.
Eine steigende Geldmenge dürfte den Druck auf die FED zur Aufgabe der
Nullzinspolitik erhöhen.
Angesichts der weiterhin geringen US-Kapazitätsauslastung (obiger Chart)
erscheint vielen Volkswirten ein breitflächiger Inflationsanstieg kaum
vorstellbar. Es bleibt jedoch niemandem verborgen, dass die Preise für
Rohstoffe derzeit steigen. Man kann die Edelmetallpreise nennen oder die
Preise für nachwachsende Rohstoffe wie Baumwolle, Zucker, Kaffee, Weizen
oder Mais. Wenn man dann noch weiß, dass die steigenden Rohstoffpreise
sich in den USA üblicherweise deutlicher auswirken als in Europa - der
meist zeitgleich mit den Rohstoffpreisen steigende Euro sorgt für einen
gewissen Ausgleich - , so ist nachvollziehbar, dass steigende
Inflationsraten nicht notwendigerweise aus einer Begrenzung der
Kapazitätsauslastung entstehen müssen, sondern über steigende
Rohstoffpreise induziert werden können.
Als wir vor drei Wochen eine Kolumne zum Thema Silber veröffentlichten,
befand sich der Silberpreis bei 19 US-Dollar. Seitdem ist Silber um zwei
Dollar gestiegen, und eine Vielzahl an Rohstoffen bereitet
vielversprechende Setups vor. Nur der Ölpreis scheint bearisch
positionieren zu wollen.
Fazit: US-Unternehmen verfügen derzeit über einen Cash-Bestand auf
Allzeithoch. Aufgrund der mangelnden Konsumlaune der US-Bürger, die lieber
den Schuldenabbau vorantreiben sowie der geringen Kapazitätsauslastung
haben die Unternehmenslenker deutliche Probleme, das Kapital sinnvoll
einzusetzen. Nach dem Motto: „Bevor das Geld auf dem Konto versauert,
schluckt man die Wettbewerber“ dürfte sich das M&A-Geschäft in den
kommenden Monaten beleben. Passend dazu steigt die im Umlauf befindliche
Geldmenge. Dies sorgt dafür, dass der Nachschub an Liquidität erhalten
bleibt.
Verfolgen Sie die Entwicklung der
Finanzmärkte in unserer handelstäglich erscheinenden Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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