Wellenreiter-Kolumne vom 6. November 2010
Der Versuch einer Blow-off-Top-Abschätzung
Die Rohstoff-Rallye hat mit
Silber, Palladium, Zucker und Baumwolle vier Vorzeige- Protagonisten.
Während Silber dem Allzeithoch von 1980 entgegenstrebt, Palladium die
1.000-Dollar-Marke anpeilt und Zucker alte Hochs widerstandslos überläuft,
erscheint der Baumwoll-Kontrakt als Paradebeispiel einer sich anbahnenden
Blow-off-Phase. Seit Juli stieg der Preis für Baumwolle an der
Futures-Börse ICE in New York um 84 Prozent, seit dem wichtigen Tief im
November 2008 gar um knapp 300 Prozent. Aktuell befindet sich der
Baumwollpreis bei 1,43 Dollar pro Pfund.

Die Frage stellt sich,
inwiefern man das Ende eines Blasenhochs („Blow-off-Top“) abschätzen kann.
Auf welches Niveau wird der Baumwollpreis steigen, bevor er abstürzt?
Wüsste man den Hochpunkt, könnte man die Bewegung ausreizen. Platzt eine
Blase, so geschieht dies - bei vergleichsweise geringen Handelsvolumina
wie in Baumwolle - recht schnell.
Ohne weitere Charts zu
konsultieren, lässt sich sagen, dass ein Blasenhoch in Baumwolle nicht
mehr Jahre entfernt ist. Der Anstiegswinkel ist viel zu steil, als dass
ein solches Tempo lange durchgehalten werden kann. Es handelt sich auch
nicht um Monate, sondern allenfalls um Wochen.
Die preisliche Einordnung ist
schwieriger. Der Blick auf einen längerfristigen Chart zeigt, dass der
Baumwollpreis jahrzehntelang zwischen 40 und 100 Cents pro Pfund
schwankte, bevor diese Barriere in den vergangenen Monaten deutlich
überwunden werden konnte.

Scheinbar sind alle
Widerstände überwunden worden, ein Ende der Fahnenstange scheint nicht in
Sicht. Man benötigt einen noch längerfristigen Chart, um zu erkennen, dass
sich der Preis für Baumwolle bereits aktuell an einem wichtigen Widerstand
befindet (folgender Chart).

Halten wir fest: Zeitlich ist
der Baumwollpreis nur noch Wochen von einem Blasenhoch entfernt, preislich
beginnen sich aktuell Widerstände aufzubauen. Also scheint klar, dass
Baumwolle kurz davor steht, ein Blow-off-Top zu generieren.
Die Neugier treibt uns jedoch
weiter. Wir generieren einen bis in das Jahr 1750 zurückreichenden Chart.

Wir entdecken, dass die
aktuelle Preisbewegung im Vergleich zur Bewegung zwischen 1860 und 1864
eine verhältnismäßig kleine Bewegung darstellt. Damals stieg der
Baumwollpreis von 12 Cents auf 1,89 US-Dollar. Das nominale Hoch von 1,89
US-Dollar aus dem August 1864 wäre ein mögliches weiteres Ziel für den
Baumwollpreis.
Die - sicherlich berechtigten
- Einwände gegen eine nominale charttechnische Betrach-tung richten sich
gegen das Weglassen der Inflation. Das Preishoch von 1864 befindet sich
real auf sechzehn Mal höherem Niveau als der aktuelle Baumwollpreis.
Doch auch ein
inflationsbereinigtes Chartbild zeigt, dass sich aktuell eine wichtige
Widerstandslinie in Baumwolle auftut (blaue Linie nächster Chart).

Fazit: Es erscheint
wahrscheinlich, dass sich in Baumwolle in Kürze ein Hochpunkt ergeben
wird. Langfristcharts können helfen, derartige Punkte zu finden. Eine
Garantie für den Erfolg gibt es nicht. Letztendlich entscheidet der Markt.
Zudem gilt: Solange der Aufwärtstrend intakt ist – und das ist der Fall –
sollte man keinesfalls versuchen, sich auf der kurzen Seite zu
positionieren.
Es erscheint wahrscheinlich, dass im Laufe
der kommenden sechs Monate weitere Blasenformationen entstehen und im
Gefolge platzen. Silber, Palladium und Zucker zählen wir zum engeren
Favoritenkreis. Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer
handelstäglich erscheinenden Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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