Wellenreiter-Kolumne vom 27. November 2010
Die Zeche zahlen die Banken
Im Jahr 2006 platze die
US-Hausbaublase, im Jahr darauf begann die Finanzkrise. Banken mit hohen
Beständen an wertlosen Subprime-Krediten gerieten in Schwierigkeiten.
Lehman Brothers ließ man im Herbst 2008 bankrott gehen. Ab Oktober 2008
begannen sich die Weltmärkte sukzessive zu erholen. Dies geschah zuerst in
den Emerging Markets und in den Rohstoffwerten. Im März 2009 begannen die
Aktienmärkte der westlichen Industrieländer zu steigen. Teil 1 der Krise
war Geschichte.
Doch etwas fiel auf: Eine
Branche zog nicht mit. Während z.B. Auto- und Technologiewerte bis heute
ordentlich performen, endete die Aufwärtsbewegung der Banken bereits im
Mai 2009 und damit zwei Monate, nachdem sie begonnen hatte. Dies gilt für
Europa und die USA. Der Vergleich des US-Banken-Index zum S&P 500 zeigt
die relative Schwäche der Banken.
Die relative Schwäche begann
im Jahr 2003. Sie kam ab Anfang 2007 richtig zur Geltung.
Ein Blick auf die
Jahresperformance diverser US-Sektoren zeigt eine deutliche Schwäche von
Broker und Banken im Vergleich zu Technologietiteln, Einzelhandelsaktien,
Goldminen sowie den Nebenwerten.
Wir stellen fest: Finanztitel
bleiben weltweit unter Druck. Warum ist dies so? Das niedrige Zinsumfeld
am kurzen Ende müsste den Banken satte Margenvorteile einbringen, die sich
in steigenden Kursen widerspiegeln müssten.
Im Herbst 2008 gelang es in
den USA zum letzten Mal, einen per Mandat des US-Kongresses
verabschiedeten Rettungsschirm für die Banken zu organisieren. Dies führte
zu Unmut in der US-Bevölkerung. Der Zulauf zu Tea-Party-Bewegung wuchs.
Heute sitzen Tea-Party-Protagonisten im Senat und im Repräsentantenhaus.
Eine politische Mehrheit für weitere Rettungsmaßnahmen pro Banken wäre in
den USA äußerst unpopulär und dürfte keine Chance auf Verwirklichung
haben.
In Europa ist die Situation
ähnlich. Die letzte parlamentarisch abgesegnete Rettungs-aktion fand im
Mai 2010 statt. Damals wurde Griechenland vom Anleihen-Markt genommen.
Gleichzeitig wurden dem Land umfangreiche Kredite seitens des IWF und der
EU zur Verfügung gestellt. Zudem wurde der EU-Rettungsschirm
parlamentarisch abgesegnet. Ähnlich wie in den USA wäre eine erneute
parlamentarische Entscheidung pro Ausweitung des Rettungsschirms
unpopulär, nicht zuletzt wegen der hohen Staatsverschuldung. In
Deutschland hat die FDP massiven Widerstand angekündigt. Die Regierung
Irlands muss nicht zuletzt deshalb Neuwahlen ausrufen, weil sie die
insolventen Banken unter staatlichen Schutz gestellt hat. Die Bevölkerung
soll mittels massiver Sparprogramme für die Dummheit der Banken bluten.
Verständlich, dass solche Maßnahmen nicht gut ankommen. Auch in anderen
europäischen Staaten dürfte sich die beliebige Ausweitung des
Rettungsschirms nur schwer durchsetzen lassen.
Ein Rettungsschirm bedeutet
den Schutz der Banken auf Kosten der Bevölkerung. Eine Beteiligung der
Banken an den Rettungsmaßnahmen in Form eines - zumindest teilweisen -
Forderungsverzichts erscheint immer wahrscheinlicher. Die Höhe des
Forderungsverzichts wäre Verhandlungssache. Sicher erscheint jedoch, dass
das Vertrauen in die Banken damit weiter abnehmen würde.
Die Märkte sprechen eine klare
Sprache: Sie halten die Banken trotz der schwachen Performance seit Mai
2009 für überbewertet. Sie glauben nicht, dass die Banken „aus dieser
Nummer herauskommen“. Das Jahr 2011 dürfte vielen Banken mit der „Stunde
der Wahrheit“ konfrontieren. Die Kunst wird für Politiker und Banker darin
bestehen, die Beteilung der Banken so zu organisieren, dass
Vertrauenskrisen in Form von „Bank Runs“ nicht entstehen.
Der Kreislauf schließt sich.
Die Krise kehrt dorthin zurück, wo sie begonnen hat: Zu den Banken.
Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglich
erscheinenden Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
P.S. Ein
kostenloses 14tägiges Schnupperabonnement erhalten Sie
unter
www.wellenreiter-invest.de
|