Wellenreiter-Kolumne vom 11. Dezember 2010
30jähriger Boom endet
Phasen, in denen die
Marktteilnehmer Staaten, Unternehmen und Endverbrauchern bereitwillig
Liquidität für Konsum und Investitionen zur Verfügung stellen wechseln
sich regelmäßig ab mit Perioden, in denen die Tilgung von Schulden und das
Sparen im Vordergrund stehen. Die erste Phase ist durch fallende Renditen
charakterisiert, in der zweiten Phase steigen die Zinsen. Die Phasen
steigender und fallender Zinsen dauern jeweils etwa dreißig Jahre.
Dieser Zyklus ist einer der
stabilsten Zyklen der Finanzgeschichte: Er hat seit mehr als 200 Jahren
Bestand. Ein 30-Jahres-Zyklus ist ein Generationen-Zyklus. Offenbar
funktioniert ein solcher Zyklus deshalb, weil die neue Generation nicht
aus den Fehlern der alten Generation lernt, sondern sich das Spiel
zwischen Angst und Gier auf Ewigkeiten hinaus wiederholt. Diese zutiefst
menschlichen Empfindungen sorgen für ein Weiterbestehen der zyklischen
Auf- und Abs an den Finanzmärkten.
Mit dem Ende des aktuellen
Zinsabwärtszyklus endet ein dreißigjähriger Boom der Anleihen. Dem Zyklus
zufolge steht den Märkten eine grundsätzliche Umstellung der Grundströmung
bevor.
Diese wird durch
Kapitalflussdaten unterstützt: In den vergangenen beiden Jahren flossen
Monat für Monat zwischen 20 und 40 Milliarden US-Dollar in
US-Anleihenfonds.
Derartige Summen stellen die
Spitze einer Allokations-Fehlentwicklung dar.
Erste Fluchtbewegungen aus
Anleihen sind bereits erkennbar. So zogen die Anleger im November 2010 so
viel Kapital aus US-Kommunalanleihen („Municipal Bonds“) ab wie im
November 2008 (folgender Chart).
Als Beispiel für steigende
Renditen sei die scharfe Aufwärtsbewegung der 5jährigen US-Staatsanleihen
genannt.
Die Rendite verdoppelte sich
innerhalb von fünf Wochen von ein auf zwei Prozent.
Steigen die Renditen, ohne
dass die Inflationsrate anzieht, steigt der Realzins. Wir nutzen zur
Berechnung des Realzinses die offiziellen US-Inflationsdaten, auch wenn
diese die US-Inflation als zu gering ausweisen.
Der Grund für die Nutzung ist
ein praktischer: Der so errechnete Realzins hat in den vergangenen 40
Jahren zuverlässig den Weg des Goldpreises aufgezeigt. Der Zusammenhang
ist wie folgt: Fällt der Realzins oder ist er gar negativ, so steigt der
Goldpreis. Umgekehrt führt ein steigender Realzins zu einem fallenden
Goldpreis.
Auf dem folgenden Chart ist
diese Entwicklung recht gut nachvollziehbar.
Fazit: Anleihen können aus
zwei Gründen steigen: Entweder verbessert sich die Konjunktur oder die
Risikoaversion der Anleger erhöht sich. Mindestens einer dieser beiden
Aspekte dürfte sich in 2011 durchsetzen. Wir nehmen an, dass das
Rendite-Tief vom Herbst 2008 das Tief des 30jährigen Renditezyklus
darstellt. Ob man dies als Anleihen-Blase darstellt oder nicht: Eine
30jähriger Boom-Phase in Anleihen ist damit zu Ende gegangen. Unter
zyklischen Gesichtspunkten ist davon auszugehen, dass Anlagen in Anleihen
in den kommenden 30 Jahren wenig ertragreich erscheinen.
Der mit offiziellen
Statistiken errechnete Realzins steigt aktuell (Anleihen-Rendite steigt
schneller als die Inflationsrate). Eine solche Entwicklung hat in der
Vergangenheit Sand in das Getriebe des Goldpreisanstiegs gestreut.
Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen
Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
P.S. Der Jahresausblick 2011 kann ab
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