Wellenreiter-Kolumne vom 1. Januar 2011
Anleihen und Inflation in 2011
Ein Auszug aus unserem Jahresausblick 2011: Zwischen den Zinsen am langen
Ende und der Inflationsrate besteht eine positive Korrelation. Diese gilt
erst seit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Vorher kam es zu extremen
Inflationsschwankungen, die von den Renditen nicht nachvollzogen wurden.
Der Zusammenhang zwischen Inflation und Renditen erfordert eine nähere
Betrachtung. Denn die Frage, ob die Rendite stärker anzieht als die
Inflationsrate (= positiver Realzins) oder die Inflationsrate die Renditen
„überschießt“ (= negativer Realzins), ist für die Entwicklung der
Finanzmärkte in 2011 von zentraler Bedeutung.
Betrachten wir ein Beispiel aus den 1970er Jahren. In Phase 1 ist ein
starker Renditeanstieg zu erkennen (nächster Chart).
Die Renditen begannen im Herbst 1972 zu steigen, obwohl die Inflationsrate
erst im Frühjahr 1973 deutlicher anzog. Das bedeutet: In der ersten Phase
vermuten die Anleger an den Anleihemärkten einen Inflationsanstieg. Sie
sichern sich ab, indem sie Anleihen am langen Ende verkaufen. Die Rendite
steigt stärker als die Inflationsrate, der Realzins ist in dieser Phase
positiv.
In einer zweiten Phase – auf dem obigen Chart der Zeitraum vom Herbst 1973
bis zum Herbst 1974 – stieg die Inflationsrate stärker als die Rendite.
Der Realzins wird negativ. Diese Phase ist für Edelmetalle üblicherweise
die beste Phase.
Die dritte Phase ist durch eine bereits fallende Inflationsrate und weiter
steigende Renditen gekennzeichnet. In dieser Phase wird der Realzins
deutlich positiv. Es beginnt die Phase des Ausstiegs aus den Edelmetallen.
Ein derartiger dreiphasiger Ablauf lässt sich auch für die 1940er Jahre
beobachten.
Dabei können die Phasenlängen variieren, die erste Phase verlief in 1946
wesentlich kürzer als 1972/3. Beide Beispiele weisen jeweils die
identischen drei Phasen auf, obwohl sie in sehr unterschiedlichen
zyklischen Phasen auftraten. In den Jahren 1946/7 bildete sich bereits die
preisliche Bodenbildungsphase, die US-Notenbank intervenierte ebenfalls
damals und kaufte Staatsanleihen an. In 1972/3 befanden sich die Renditen
bereits seit über 20 Jahren in einer Anstiegsphase. Unsere Erwartung für
2011 ist – analog zu 1946 eine kurze erste Phase, die frühzeitig in 2011
endet. Die Zinsen der 30jährigen Anleihen sollten relativ zeitig ihren
Hochpunkt ausbilden, obwohl die Inflationsraten weiter steigen. Eine
Inflationsrate von 15-20 Prozent wie in 1946/7 erwarten wir nicht.
Ein Blick auf den aktuellen Chartverlauf bestätigt ein deutliches Anziehen
der Renditen, ohne dass die US-Inflationsrate bereits nach oben reagiert
hätte.
Ein solches Verhalten der Märkte impliziert eine Flucht aus den Anleihen
aus Angst vor steigenden Inflationsraten. Die Realzinsen sind positiv. In
einer zweiten Phase dürfte die Inflationsrate stärker steigen als die
Renditen (= negativer Realzins). Die Inflation steigt auch wegen des
Basiseffektes in den Sommermonaten 2011 etwas stärker an. Diese Phase II
dürfte das erste Halbjahr 2011 dominieren. In der abschließenden Phase III
steigen die Renditen weiter, obwohl die Inflationsrate bereits fällt. Der
Beginn dieser Phase dürfte wahrscheinlich erst in 2012 liegen.
Fazit: Wir erwarten für die kommenden beiden Jahre 2011 und 2012 eine
Variante des oben genannten dreiphasigen Bewegungsmusters der Renditen.
Ein solches Phasensystem ist am Ende häufig mit einer Rezession verbunden.
Wenn, dann müsste man sie für 2012 erwarten.
Der
Wellenreiter-Jahresausblick 2011 ist über
http://tinyurl.com/36wdb68 abrufbar bzw. bestellbar. Der
Ausblick enthält unsere 10 Thesen sowie einen Quartalsausblick. Verfolgen
Sie die Entwicklung der Finanzmärkte auch in unserer handelstäglichen
Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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