Wellenreiter-Kolumne vom 19. Februar 2011
Inflation hängt als Damoklesschwert über Banken
In der Branche wird über den besten Start der Banken in ein neues Jahr
seit Urzeiten fabuliert. In der Tat sieht es beeindruckend aus, wenn eine
Deutsche Bank innerhalb von sechs Wochen um 20 Prozent zulegen kann.
Doch stellt sich die Frage, ob sich die europäische Bankenlandschaft auf
Dauer weltweiten Trends entziehen kann. Die USA stellen nach wie vor eine
wichtige Bankenadresse dar. Der dortige Banken-Index (KBW) legte in diesem
Jahr bisher um 5,7 Prozent zu (roter Kreis folgender Chart).
Da der S&P 500 gleichzeitig um 6,8 Prozent stieg, lässt sich feststellen,
dass der US-Bankensektor unterdurchschnittlich zum breiten Markt performt.
Betrachtet man die Ratio des US-Bankensektors zum S&P 500 auf einer
längerfristigen Basis, so wird klar, dass die US-Banken nicht der Treiber
der seit März 2009 laufenden Erholungsbewegung sind.
Der Chart zeigt, dass die Banken in den
Jahren 2007 und 2008 im Rahmen der Finanzkrise deutliche Underperformer
waren. Viele Banken waren auf Steuergelder angewiesen, das Finanzsystem
stand vor dem Kollaps.
In den Jahren 2009 und 2010 haben die
Banken ihre relative Bedeutung für den S&P 500 nicht zurückgewinnen
können. Betrachtet man das Wachstum der Kreditvergabe von US-Banken, dann
wir klar warum: Zwischen 1990 und 2008 wurden Zuwachsraten in einem
Korridor zwischen 5 und 10 Prozent notiert.
Aktuell bewegt sich das
Kreditvergabewachstum im Bereich von 2,5 Prozent. Solange der Korridor von
5 bis 10 Prozent nicht erreicht wird, dürften die Banken Probleme haben,
die relativen Verluste gegenüber dem S&P 500 aufzuholen.
Wie wahrscheinlich ist eine Rückkehr in
den beschriebenen Korridor? An dieser Stelle kommt eine interessante
Studie der Federal Reserve Bank of Cleveland ins Spiel. In dieser wurden
die Auswirkungen von hoher Inflation auf die Gewinnmargen der Banken
untersucht. Heraus kam wenig überraschend, dass ab Inflationsraten von
etwa fünf Prozent Banken die Geschäftsgrundlage sukzessive entzogen wird.
Grund: Bei deutlich steigenden Inflationsraten steigen die Gehälter meist
nicht im gleichen Maße. Real verliert der Gehaltsempfänger Geld. Auch für
in Anleihen angelegtes Kapital müssen Realverluste hingenommen werden.
Dies führt dazu, dass sich die Sparbereitschaft notgedrungen verringert.
An dieser Stelle kommen Kreditnehmer mit einer geringeren Bonität als
üblich in den Markt. Diese können häufig ihre Kredite nicht zurückzahlen.
Die Banken reagieren auf die Kombination einer niedrigeren Realverzinsung
und einer geringeren Qualität der Kreditnehmer mit einer Beschneidung der
Kreditvergabe.
Das Resultat ist ein geringeres Investment
der Banken in den Wirtschaftskreislauf. Dies wiederum reduziert die
wirtschaftliche Aktivität. Die Studie ist hier zu finden:
http://tinyurl.com/6kg69pz
Mit anderen Worten: Höhere Inflation löst
Realverluste bei Arbeitnehmern eine niedrigere Realverzinsung bei Banken
aus. Die Margen der Banken leiden, aber auch die „Margen“ der
Arbeitnehmer. Aus einer Phase der Inflation kippt die Wirtschaft in eine
Phase der Rezession.
Weiter oben haben wir bereits gezeigt,
dass die aktuelle Kreditvergabeaktivität der US-Banken
unterdurchschnittlich ist. Wir erwarten für die kommenden Monate
anziehende offizielle US-Inflationsraten. Die 5-Prozent-Marke könnte Mitte
des Jahres erreicht werden. Wenn das Kreditvergabewachstum der Banken
bereits jetzt unterdurchschnittlich ist: Wie sollen die Banken eine
anziehende Inflationsrate verkraften?
Fazit: Genauso wie Rohstoffe und
Rohstoffaktien üblicherweise positiv mit der Inflation korreliert sind,
existiert zwischen höherer Inflation (ab 5 Prozent) und Bankenperformance
eine negative Korrelation. Wir nehmen das Frohlocken der Analysten über
das gute bisherige Abschneiden der Banken an den Aktienmärkten als das,
was es ist: Ein kurzfristiges Trommeln in einem mittelfristig schwierigen
Umfeld für die Banken. Verfolgen Sie die
Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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