Wellenreiter-Kolumne vom 5. November 2011
Solarzyklus mit Einfluss auf den Finanzmarkt
Die Börse wird durch Angst und
Gier getrieben. Die Ursache für Ängste und Euphorie können z.B. Gerüchte,
die Veröffentlichung von Wirtschaftsdaten oder politische Entscheidungen
sein. Aber selten bestimmen solche Faktoren allein über den Kursverlauf.
Wer kennt schon alle Gründe
für das Auf und Ab an den Finanzmärkten? In den vergangenen Jahren wurde
der politische Einfluss deutlicher, gerade auch in den vergangenen Wochen.
Aber treiben nicht eigentlich die Gewinnerwartungen die Aktienmärkte? So
war es jedenfalls früher. Die US-Rezession von Ende 2007 bis Mitte 2009
wurde von den Aktienmärkten ab Mitte 2007 antizipiert. Was sich nicht
geändert haben dürfte: Die Bewegung an den Finanzmärkten nimmt
Entwicklungen der Realwirtschaft vorweg.
Die Bewegung der großen
Aktienindizes stellt sich wie ein hin und her waberndes Gebilde dar. Die
Märkte tendieren dazu, sich – einmal Momentum aufgenommen habend – in eine
bestimmte Richtung weiterzubewegen. Man spricht von einem Trend. Während
Aufwärtstrends jahrelang anhalten können, sind echte Abwärtstrends meist
eine Angelegenheit von Monaten. Aufwärtstrends sind investierbar,
Abwärtstrends sind - für fixe Trader – handelbar. Doch was ist, wenn kein
Trend existiert: Solche Zeiten sind schlichtweg unbefriedigend. Die Märkte
schwanken wie ein Fähnchen im Wind. Eine solche Situation kennzeichnet die
Aktienmärkte seit Juli. Im übergeordneten Bild kann man für die alten
Industriestaaten seit dem Jahr 2000 eine enervierende Seitwärtsbewegung
ausmachen.
Möglicherweise existiert ein
weiterer Faktor, der auf die Psychologie der Marktteilnehmer abzielt: Die
Sonne. Als Laie nimmt man an, dass die Sonne tagein, tagaus den gleichen
Einfluss auf die Erde ausübt. Dies ist jedoch falsch. Die Sonne ist ein
gigantischer Kernfusionsrektor. Dabei kommt es immer wieder zu
gigantischen Eruptionen, die Einfluss auf das Magnetfeld der Erde nehmen,
sichtbar z.B. durch die Polarlichter.
In einer Studie aus dem Jahr
2003 der Federal Reserve Bank of Atlanta wiesen zwei Forscher den Einfluss
geomagnetischer Stürme auf den Aktienmarkt nach: „Ungewöhnliche hohe
Niveaus geomagnetischer Aktivität haben einen negativen, statistisch und
ökonomisch signifikanten Effekt auf die Kurse der Aktienmärkte aller
US-Aktienindizes.“ (http://tinyurl.com/6e3l54f)
Quelle:
http://tinyurl.com/6e3l54f
Interessant ist in diesem
Zusammenhang das vermehrte Auftreten geomagnetischer Stürme im Frühjahr
und Herbst. Schon die Römer haben den März als ungewöhnlich aktiven
Zeitraum empfunden (die „Iden des März“). Auch an den Aktienmärkten ist im
Frühjahr und Herbst die Volatilität deutlich höher als im Sommer oder
Winter.
Auch von der Sonne abgeleitete
Phänomene wie das Wetter beeinflussen die Aktienmärkte. In einer Studie
hatten die Autoren Hirshleifer und Shumway 2003 beobachtet, dass die Kurse
an der New Yorker Börse an einem perfekt sonnigen Tag dreimal so viel
zulegen als an vollständig bedeckten Tagen (Journal of Finance 58, 2003;
siehe dazu auch den Artikel „Lacht die Sonne, lacht die Börse“ in der
Neuen Züricher Zeitung vom 21.10.2011). Das nur nebenbei.
Bei der geomagnetischen
Aktivität und dem bereits in früheren Kolumnen angesprochenen Zyklus der
Sonnenflecken
http://tinyurl.com/c4jsogp
handelt es sich nicht um das gleiche Phänomen. Interessant ist
jedoch: Beide Aktivitäten sind positiv korreliert. Steigt die Zahl der
Sonnenflecken, steigt auch die geomagnetische Aktivität. Eine fallende
Zahl der Sonnenflecken bringt hingegen eine Verringerung der
geomagnetischen Aktivität mit sich. Die Aktivität der Sonne pulsiert in
einem etwa 11 Jahre andauernden Zyklus.
Der folgende Chart verweist auf einen Zusammenhang zwischen der
Entwicklung der US-Inflationsrate und der Sonnenaktivität. Phasen tiefer
Deflation (1921, 1932, 2008) traten stets dann auf, wenn die solare
Aktivität einen Boden ausbildete. Phasen hoher Inflation (1919, 1947,
1980) korrelieren hingegen mit der Ausbildung eines Hochs im Sonnenzyklus.
Beim Hineinzoomen werden die Zusammenhänge deutlicher (nächster Chart).
Die Zyklentiefs korrelieren gut mit Tiefpunkten der Inflationsrate (blaue
Linien obiger Chart), genauso wie die Hochpunkte.
Zudem gilt: Aufwärtsphasen des Sonnenzyklus sind üblicherweise frei von
Rezessionen (nächster Chart).
Und genauso interessant: Eine obere Umkehr der solaren Aktivität ging
stets mit einer US-Rezession einher. Aus Sicht des Wirtschaftzyklus ist
eine solche Entwicklung folgerichtig: In dem Moment, in dem die
Inflationsrate zu sehr ansteigt, kommt es zu Überhitzungstendenzen in der
Wirtschaft, die wiederum in eine Rezession führen.
Wenn man diese Zusammenhänge beachtet und sich vorstellen kann, dass sie
auch in Zukunft gültig sein werden, dann kann man das Marktbild wie folgt
entwerfen:
Die Vorhersage der NASA für den nächsten Höhepunkt des
Sonnenaktivitätszyklus hat den Zeitraum Ende 2012/ Anfang 2013 zum Ziel.
http://solarscience.msfc.nasa.gov/SunspotCycle.shtml
Danach sollte die solare Aktivität bis etwa 2020 zurückgehen. Da ein Peak
der Sonnenaktivität in den vergangenen 80 Jahren stets mit einer
US-Rezession einherging, kann man die Annahme treffen, dass eine
US-Rezession ab Mitte/ Ende 2012 auf die Agenda rücken wird. Wir haben die
angenommene Zyklenentwicklung sowie die angenommene nächste US-Rezession
auf dem folgenden Chart eingezeichnet.
Fazit: Die US-Inflationsrate dürfte - gemäß dem solaren Zyklus – erst in
etwa einem Jahr einen Höhepunkt erreichen. Untermauert wird dieser Gedanke
durch die charttechnische Entwicklung des Ölpreises in Euro (folgender
Chart).
Ölpreis (Brent) in Euro Wochenchart
Ein Ausbruch des Ölpreises nach oben würde das Bild einer inflationären
Entwicklung unterstützen. In einem Umfeld steigender Inflationsraten wären
Rohstoffe incl. der Edelmetalle begünstigt. Eine Inflationsrate zwischen 2
und 5 Prozent ist für Aktien positiv. Bei höheren Inflationsraten liefern
Aktien real üblicherweise keinen positiven Return, nominal könnten sie
seitwärts laufen. Der US-Dollar wäre weniger gefragt.
Verfolgen Sie die Entwicklung
der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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