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Wellenreiter-Kolumne vom 26. November 2011
30 Jahre steigende Zinsen

Der Renditezyklus 10jähriger US-Anleihen ist einer der stabilsten regelmäßig auftretenden Zyklen an den Finanzmärkten. Seit dem Jahr 1800 wechseln sich etwa alle 30 Jahre Renditehochs- und Renditetiefs ab.

Am 30. September 1981 wurde ein absolutes Renditehoch (15,84%) registriert. Legt man 30 Jahre drauf, so gelangt man in den September 2011. Am 22. September 2011 wurde mit 1,71% das aktuell gültige Renditetief für 10jährige US-Staatsanleihen registriert.

Kann es sein, dass das Uhrwerk der Märkte derart genau arbeitet? Bei solchen Zyklenlängen sollte man Abweichungen von plus/minus ein bis zwei Jahren tolerieren. Bereits in unserem Jahresausblick 2006 zeigten wir den folgenden Verlaufsvergleich und schrieben, dass sich Bodenbildungsphasen im Rahmen dieses Zyklus über mehrere Jahre hinziehen (nächster Chart).

Der Chart suggeriert ein baldiges Ende der Bodenbildungsphase. Welche Anzeichen sprechen für eine erste initiale Rendite-Aufwärtsphase? Zum einen steigen ja viele Renditen bereits. Deutschland bildet mit seinen 2,26% für 10jährige Bundesanleihen eine große Ausnahme in der Eurozone. Die Niederlande liegen bei 2,74%, und selbst die Finnen müssen mit 2,99% mittlerweile eine vergleichsweise hohe Rendite bezahlen. Von Griechenland, Portugal, Irland, Italien und Spanien nicht zu reden, die liegen alle über 6 Prozent.

Doch wie sieht es außerhalb der Eurozone aus? Die Briten jubelten ob der verkorksten Auktion 10jähriger Bundesanleihen in der vergangenen Woche. Das deutsche Wort „Schadenfreude“ ist auch im angloamerikanischen Raum bestens bekannt. Doch die Schadenfreude dürfte in London nicht lange währen, denn die Rendite 10jähriger britischer „GILTs“ zog in der vergangenen Woche an (auf jetzt 2,29%). Sie befindet sich wieder oberhalb der Rendite für die entsprechenden deutschen Anleihen.

Das Paradoxon der positiven Korrelation zwischen Dollar/Yen und der Rendite 10jähriger US-Anleihen könnte ebenfalls für ein Ende der Bodenbildungsphase sprechen (folgender Chart).

Die japanische Zentralbank hatte Ende Oktober Interventionen zugunsten des US-Dollar durchgeführt. Bisher schaffte es der Markt nicht, sich diesem Ansinnen entgegen zu stellen. Der Dollar/Yen ist dank der Eurokrise aus den Schlagzeilen raus; er dümpelt vor sich hin. Desinteresse ist häufig die Voraussetzung für eine Umkehr der Bewegung: Jeder, der verkaufen wollte, hat wohlmöglich bereits verkauft. Die Käufer aber sind noch nicht so weit.

Doch dieser Punkt dürfte kommen, so dass ein steigender Dollar/Yen gemäß der laufenden Korrelation steigende Zinsen signalisieren würde. (Rein logisch müsste eine steigende Dollarnachfrage die US-Renditen nach unten bringen, da die zusätzlichen US-Dollar üblicherweise in US-Bonds angelegt werden. Die Korrelation gestaltet sich jedoch genau anders herum (siehe obigen Chart), weshalb wir von einem Paradoxon sprechen). 

Überhaupt Japan: Ist Japan nicht das beste Beispiel dafür, dass der 30jährige Rendite-Zyklus nicht funktioniert?

Ganz im Gegenteil. Die Rendite 10jähriger japanischer Staatsanleihen markierte bereits Anfang Oktober 2010 ihr heute noch gültiges Verlaufstief (nächster Chart).

Charttechnisch betrachtet ähnelt diese Bewegung dem Verlauf der Rendite französischer Staatsanleihen. Auch diese markierte in der zweiten Jahreshälfte 2010 ein Tief, das im Jahr 2011 nicht mehr unterboten wurde. Noch eine Auffälligkeit: Das japanische Renditehoch datiert aus dem Sommer 1980, das bisherige Tief aus dem Oktober 2010. Auch hier beträgt die Differenz in etwa 30 Jahre. Der japanische Anleihenmarkt kann somit als Vorläufer für den US-Markt gelten. Danach müsste jetzt eine erste - initial starke – US-Renditebewegung nach oben erfolgen. Diese sollte nach wenigen Monaten auslaufen und in eine erneute Abwärtsphase übergehen. Daraufhin sollte sich ein höheres Tief ausbilden.

Fazit: Neben dem 30-Jahres-Zyklus sprechen auch die steigenden Renditen in der Eurozone, die ebenfalls ansteigenden britischen Staatsanleihen, das möglicherweise höhere Tief japanischer Staatsanleihen und die sich abzeichnende Stabilisierung des Dollar/Yen für einen Abschluss der Bodenbildungsphase bei den Renditen. Der Renditezyklus verweist auf steigende Zinsen bis etwa zum Jahr 2040.

Allerdings dürfte der Anstieg nicht linear erfolgen. Wir rechnen damit, dass die Renditen in einer ersten Phase – die jetzt begonnen haben dürfte – deutlich genug anziehen, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Das muss nominal gar nicht so viel sein. Aber die Erkenntnis, dass der Trend gedreht hat, wird vielen Anlegern das Herz in die Hose rutschen lassen. Die Cleveren werden dies nutzen und auf dem Höhepunkt der Angstwelle nochmals US-, britische und deutsche Staatsanleihen kaufen. Doch das wäre nur ein Trade. Denn wenn der Trend gedreht hat, muss man mit dem Trend handeln. Und das bedeutet: Staatsanleihen im Portfolio längerfristig reduzieren. Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

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