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Wellenreiter-Kolumne vom 4. Februar 2012
Kauf mir einen Mercedes-Benz

„Oh Lord, won't you buy me a Mercedes Benz? My friends all drive Porsches, I must make amends“
                   
Janis Joplin

Wäre es nicht wunderbar, wenn sich die bleierne Schwere des seit 12 Jahren wütenden Bärenmarktes bald heben würde? Wäre es nicht lässig, wenn in den nächsten Jahren ein stabiler, lang anhaltender Bullenmarkt Automatismen zurückholen würde, wie wir sie in den 1980er und 1990er Jahren kannten? Jahre stabiler Anstiege, nur gelegentlich unterbrochen von Abwärtsphasen, die selten mehr als einige Monate andauerten? Wäre es nicht brillant, wenn die Strategie des „Buy the dip“ erneut funktionieren würde? Wäre es nicht fabelhaft, bei fallenden Kursen angst- und risikofrei kaufen zu können? Wäre es nicht genial, lange Trends spielen zu können und dabei Aktien von 10 auf 50, von 50 auf  100 und dann gar auf 500 Euro steigen zu sehen? Und wäre es nicht großartig, sich nach einigen Jahren - mit Optionsscheinen schon in kürzeren Zeiträumen - sich all die Mercedes-Benz und Porsches, die einige Freunde bereits haben, selbst kaufen zu können? Oder die Finca auf Mallorca oder den Altersruhesitz mit Blick auf den Genfer See?

Befragt man das Orakel der Charttechnik und dort die Langfristcharts, so ergibt sich nichts anderes. Allerdings mit einer „Wenn-dann-Option“.

Diese „Wenn-dann-Option“ lautet: Sollte die Marke von 8.000 Punkten überwunden werden, so ergibt sich ein Kursziel von 13.800 Punkten für den DAX. Dieses errechnet sich aus der Spiegelung des dargestellten aufsteigenden Dreiecks an der 8.000-Punkte-Marke.

Als der Nasdaq Composite Index im Oktober 2002 auf 1.100 Punkte fiel, war allen Anlegern klar, dass es eine lange, lange Zeit benötigen würde, bevor die 5.000-Punkte-Marke wieder erreicht werden würde.

Charttechnisch hat der Nasdaq Composite Index eine Tasse/Henkel-Formation vollendet, die ein Ziel von 4.500 Punkten suggeriert (dazu muss man diese Formation entlang der roten Linie nach oben klappen). 4.500 Punkte, das wäre ein Anstieg um 55 Prozent.

Wie wäre es mit einem Dow Jones Index von 20.000 Punkten? Auch ein solcher lässt sich charttechnisch begründen. Man nimmt die Preisdifferenz zwischen dem März 2009-Tief bei 6.626 Punkten und der 12.900-Punkte-Marke (die „Drehachse“; rote Linie folgender Chart) und klappt diese nach oben. Man gelangt zu einem Ziel von 19.526 Punkten. Die Drehachse ist auf dem folgenden Chart als rote Linie dargestellt.

Die von Janis Joplin besungene Automobilfirma erlebte in den vergangenen Wochen eine rasante Aufholjagd. Die magische Marke von 100 Euro – erreicht im Fusionsfieberwahn Daimler-Chrysler des Jahres 1998 – würde zwangsläufig fallen, wenn die oben genannten Optionen einträten.

Was ist falsch an diesen Bildern? Oder ist nichts falsch? Die Überlegung, den Start eines neuen Bullenmarktes zu erwarten, ist sicherlich korrekt. Nur wann?

Der nachfolgend dargestellte Chart des Dow Jones Index der Jahre 1966 bis 1984 spricht eine Warnung aus. Nämlich die, dass Marken auf der Oberseite immer wieder angelaufen werden können, ohne zu einem finalen Durchbruch zu gelangen (siehe die Marke von 1.000 Punkten – rote Linie – auf dem folgenden Chart).

Erst 1982 steuerte der Dow Jones Index aus seiner Seitwärtsspanne hinaus. Dann aber „mit Karacho“: Die gespiegelten Preisziele wurden innerhalb von nur 12 Monaten fast erreicht.

Ähnliches gilt für den S&P 500, wobei dieser Index - im Gegensatz zum Dow - im Jahr 1980 bereits signifikante Hochpunkte der 1960er und 1970er Jahre hinter sich ließ (siehe Pfeil nächster Chart), bevor er ab 1982 seinen Bullenmarkt begann.

Der Bullenmarkt der 1980er Jahre startete mit einem deutlichen Anstieg des Handelsvolumens. Hingegen drifteten die Märkte in diesem Januar nahezu volumenlos nach oben (siehe Pfeil nächster Chart).

Fazit: Der DAX holt derzeit auf, was er in der August-Panik 2011 verloren hatte. Der Nasdaq Composite Index folgt dem Nasdaq 100 Index auf neue Mehrjahreshochs. Der Dow Jones Index steht kurz davor, aus einer Tasse-/Henkel-Formation nach oben auszubrechen. Es besteht kein Zweifel, dass der aktuelle Bärenmarkt zeitlich weit fortgeschritten ist. Ein Ende nach 12 Jahren und ein jetzt beginnender starker Anstieg wäre eine erfreuliche Entwicklung. Wäre der Oktober 2011 mit dem August 1982 gleichzusetzen, würde man in den kommenden Jahren die Ernte einfahren können.

Die bisherige Jahresentwicklung der Aktienmärkte ist eindrucksvoll. Und würde der S&P 500 seine Widerstände im Bereich von 1345 bis 1365 überwinden, so würde eine Fortsetzung des Anstiegs den Weg des geringsten Widerstandes bedeuten.

Träume sind erlaubt. Die Charttechnik gibt auch durchaus etwas her. Die 1970/1980er Jahre zeigen jedoch, dass alte Hochpunkte sogar leicht übertroffen werden können, ohne dass der Start eines neuen Bullenmarktes getriggert wird. Zudem zeigt sich das Handelsvolumen aktuell von seiner leichten Seite. Wir erwarten nach wie vor ein zweites Quartal, in dem sich die Gemüter abkühlen dürften. Ideal für einen neuen Bullenmarkt wären steigende Kurse, die von einem hohen Volumen begleitet werden. Ein solches Muster liegt momentan nicht vor. Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

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