Wellenreiter-Kolumne vom 18. Juli 2012
Trocken wie in den 1930ern?
Im Juni waren 35 Prozent der
Fläche der USA "sehr trocken". Sehr trocken bedeutet, dass weniger als 10
Prozent der durchschnittlichen Niederschläge gefallen sind. Was diese
Trockenheit im historischen Kontext bedeutet, lässt sich mit Hilfe des
folgenden Charts ablesen. Dort ist die Trockenheit aller Juni-Monate seit
1900 dargestellt.
Quelle: NOAA
Die Trockenheit ist historisch
signifikant. Lediglich im Juni 1933 war die Trockenheit landesweit größer.
Der Niederschlag im Juni ist für den Ackerbau deshalb relevant, da mit der
Ernte üblicherweise im Juli begonnen wird. Entfällt der Niederschlag im
Juni, so ist mit erheblichen Ertragseinbußen zu rechnen.
Die USA sind der mit Abstand
größte Getreideexporteur der Welt. Sie spielen die Rolle, die
Saudi-Arabien im Ölgeschäft einnimmt. Kommt es in den USA zu
Ernteausfällen, so hat dies weit reichende Auswirkungen auf die
Preissituation.
Nachfolgend vergleichen wir
die Preisentwicklung von Mais seit Beginn der 1970er Jahre mit dem
Prozentsatz der Juni-Trockenheit.
Seit Beginn der 1970er Jahre
lassen sich drei Extrema identifizieren. Das erste betrifft den Juni 1974,
das zweite den Juni 1988 und das dritte den Juni 2012.
In den Jahren 1973/74 ist eine
Verdoppelung des Mais-Preises erkennbar (schwarzer Pfeil obiger Chart).
Anschließend normalisierten sich die Niederschlagsverhältnisse, was einen
Fall des Mais-Preises zur Folge hatte. Der Juni 1988 brachte eine ähnliche
hohe Trockenheit wie aktuell. Auch damals verdoppelte sich der Mais-Preis
(grüner Pfeil obiger Chart). Auch die aktuell extreme Trockenheit führt zu
einem Preisanstieg.
Man sollte nicht den Fehler
machen, außerhalb dieser drei Extrema Korrelationen zwischen Trockenheit
und Preis zu suchen. Preisbewegungen bei normalen bzw. halbwegs normalen
Ernteerträgen dürften andere Ursachen haben. Zudem darf nicht vergessen
werden, dass nicht nur die Trockenheit, sondern auch hohe
Niederschlagsmengen, Hagel und Wind die Ernteerträge beeinflussen.
Es fällt auf, dass die
Preisanstiege im Sommer 1974 und Sommer 1988 recht schnell zurückgehandelt
wurden. In den Folgejahren 1975 und 1989 war die Trockenheit nicht mehr
existent.
Man müsste annehmen, dass
dieses Phänomen wieder auftritt, zumal die Saisonalität für die kommenden
Monate fallende Mais-Preise unterstützt.
Man sollte jedoch zur Kenntnis
nehmen, dass der Mais-Preis in den Jahren 1933 bis 1936 nicht zuletzt dank
einer Periode hoher Trockenheit vier Jahre lang deutlich anstieg (grüne
Ellipse folgender Chart).
Fazit: Zur Zeit der "Dust Bowl"
in den 1930er Jahren konnte sich der Mais-Preis stark erholen. Allerdings
war der Preis zuvor deutlich eingebrochen. Die historische Erfahrung
anderer Jahre zeigt, dass ein weiterer Anstieg der Getreidepreise aufgrund
des aktuellen Wetter-Extrems nicht wahrscheinlich ist. In der Regel kommen
die Preise nach einem solchen Extrem zurück. Auch die Saisonalität spricht
nicht für einen weiteren Anstieg des Mais-Preises. Allerdings gilt: Der
Aufwärtstrend ist intakt. Mais, Weizen und Sojabohnen markierten höhere
Tiefpunkte. Von Short-Positionen sollte man solange Abstand halten, bis
sich ein niedrigeres Hoch ausgebildet hat.
Verfolgen Sie die Entwicklung
der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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