Wellenreiter-Kolumne vom 2. Januar 2013
Jetzt schlägt's 13
Innerhalb der vergangenen gut zwei Jahre wurde der Euro von den
Titelblatt-Grafikern
des Wochenmagazins DER SPIEGEL in
den folgenden Situationen dargestellt.
Der Euro
-
zerschmolz
- wurde erschossen
- verstarb
- verbrannte
- wurde (fast) gesprengt
- zerbrach horizontal
- zerbrach vertikal
- verlor die Zahl
Dem Grafiker fiel beim vorerst
letzten Titelblatt offenbar nichts mehr ein. Die "Zerbrech-Option" hatte
er bereits für die beiden vorhergehenden Titelblätter verwendet. Also
titelte er zwar "Wenn der Euro zerbricht", ließ aber lediglich die Zahl
vom Euro abfallen. Kurz: Der Grafiker war offenbar mit seinem Latein am
Ende.
Eine unserer Thesen aus dem
Jahresausblick für 2012 lautete: "Der Euro bricht auch in 2012 nicht
auseinander. Der politische Wille, an der europäischen Währung
festzuhalten, bleibt ungebrochen." Durchaus vorstellbar erschien uns aber,
dass Griechenland aus der Währungsunion ausscheidet. Nicht einmal das
geschah.
Ein Neuanfang kommt nicht allein: Er wird durch Ereignisse erzwungen. Das
muss nicht notwendigerweise Krieg bedeuten. Wirtschaftliche
Negativereignisse können stark genug sein, um die Staatengemeinschaft dazu
zwingen, die Finanzwelt neu zu ordnen."
In den letzten Jahrhunderten war das Jahr 14 von großer Bedeutung.
-
Am 07.09.1714 ermöglichte der Friede von Baden ein endgültiges Ende des
spanischen Erbfolgekrieges.
-
Am 18.09.1814 begann der Wiener Kongress und legte schlussendlich die
Grenzen in Europa neu fest.
-
Am 28.07.1914 erfolgte der Eintritt von Österreich-Ungarn und Serbiens zum
1. Weltkrieg, dem weitere Länder folgten, der erst 1919 im Vertrag von
Versailles mündete und später weitere Verwerfungen (Hyperinflation in
Deutschland) mit sich brachte.
Die Jahr 2014 rückt allmählich in den Fokus. Florian Illies rief jüngst
mit seinem Buch "1913: Der Sommer des Jahrhunderts" die
unmittelbare Vorkriegszeit des ersten Weltkrieges in Erinnerung. Er
stellte fest: Zwangsläufigkeiten gab es keine, die Geschichte hätte anders
verlaufen können. Kommt jetzt ein Iran-Krieg, nachdem er bereits seit
langem erwartet wird? Kriegsereignisse treten überraschend auf. Würde ein
Angriff vorher angekündigt, wäre der erhoffte Vorteil des Erstschlages
dahin. Ein Kriegsereignis ist kaum prognostizierbar. Es gibt immer auch
andere Lösungen.
Wer will, kann weitere Parallelen finden: 1912 sank die Titanic, 2012 die
Costa Concordia. Beide Unglücke geschahen aufgrund von dummen,
vermeidbaren Fehlern.
Wir sind Anhänger der These von Mark Twain: Geschichte wiederholt sich
nicht, aber sie reimt sich. Das Wort „Krise“ wird inflationär gebraucht,
eine Verbesserung der generellen Situation der Finanzmärkte erscheint uns
vorläufig unrealistisch. Das Jahr 2013 erscheint uns nicht prädestiniert
für eine klare langfristige Entscheidung. Das neue Jahr ist im
chinesischen Kalender das Jahr der Schlange und die Bewegungen der
Schlange lassen weniger Tempo für das neue Kapitalmarktjahr erwarten.
Das erste Drittel der laufenden Dekade liegt in Kürze hinter uns. Die
Finanzmärkte erholten sich in dieser Phase - trotz aller Widrigkeiten.
Vergleicht man den bisherigen Dekadenverlauf mit demjenigen
unterdurchschnittlicher Jahrzehnte, so ergibt sich eine positive
Abweichung.
Der Beginn war also nicht schlecht. Wir nehmen auch an, dass die Dekade am
Ende recht positiv da stehen wird. Aber das Mitteldrittel dürfte Sorgen
bereiten. Die Neuausrichtung der Finanzmärkte erscheint nicht
abgeschlossen. Die Anfälligkeit für rezessive Rückschläge bleibt hoch.
Dies gilt insbesondere für die Jahre 2013 und 2014. Wir sind uns recht
sicher, dass der Euro es nicht schaffen wird, in den kommenden beiden
Jahren genauso häufig auf das Spiegel-Titelblatt zu kommen wie in den
vergangenen beiden Jahren. Und das nicht etwa, weil er nicht mehr
existieren wird. Sondern deshalb, weil auch Krisenregionen zyklisch
wechseln. Euroland hat den Teil der medialen Aufmerksamkeit, der der
Region zusteht, in den ersten drei Jahren der Dekade nahezu aufgebraucht.
Jetzt sind andere Regionen dran.
Der Yen beginnt, in das Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Der Yen
kannte gegenüber dem US-Dollar seit den 1970er Jahren nur eine Richtung,
nämlich nach oben. Die jetzt zu beobachtende Schwächung dürfte
längerfristige Auswirkungen zu haben. Sie dürfte im Nachhinein als einer
der Schlüsselmomente im Hinblick auf die bevorstehende Bereinigungsphase
angesehen werden.
Ein steigender Dollar/Yen
bedeutet Aufwärtsdruck für die japanischen Staatsanleihen. Noch ziehen die
Renditen ziehen kaum mit (folgender Chart).
Die Rendite darf in Japan die
2%-Marke praktisch nicht überschreiten. Würde sie dies über einen längeren
Zeitraum tun, würde der japanische Staatshaushalt vor dem Zinsdienst in
die Knie gehen müssen.
Eine unserer 10 Thesen lautet
deshalb, dass sich im Bezug auf Japan eine Strohfeuer-Rally im Nikkei
Index ergeben dürfte, dass sich dieses Bild aber im Herbst 2013 umkehren
sollte. Dann dürfte Japan beginnen, zu einem Belastungsfaktor für die
Weltwirtschaft zu werden. Der Fokus der Marktteilnehmer liegt auf China.
Man sollte aufpassen, dass man sich von den zunächst positiv erscheinenden
Ereignissen im rivalisierenden Nachbarland Japan nicht einlullen lässt.
Die weiteren 9 Thesen sowie eine ausführliche, 140-seitige Analyse von
Aktien-, Anleihen-, Währungs- und Rohstoffmärkten finden Sie in unserem
soeben erschienenen Jahresausblick 2013. Sichern Sie sich Ihr Exemplar
unter
http://www.wellenreiter-invest.de/ausblick2013.html
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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