Wellenreiter-Kolumne vom 27. Februar 2013
Der "Botox-Dax"
Der Deutsche Aktienindex (DAX)
ist ein so genannter Performance-Index. Das bedeutet: Die Dividenden der
enthaltenden Unternehmen werden in den Index reinvestiert. In den USA
nennt man so etwas "Total Return Index". International üblich sind
Kursindizes. Diese spiegeln die Kursverläufe der Basiswerte.
Die Verläufe des DAX als
Performance- und als Kursindex sind auf dem obigen Chart abgetragen. Auch
der Kursindex wird von der Deutschen Börse berechnet. Danach befindet sich
der DAX deutlich unterhalb der Hochpunkte von 2000 und 2007. Der
DAX-Kursindex beendete den Februar mit 4.217 Punkten.
Der Sonderweg, der in
Deutschland gegangen wird, ist vielen Anlegern nicht klar. Wir groß die
Verzerrungen sind, wird bereits deutlich, wenn man den DAX-Kursindex mit
dem französischen Leitindex CAC40 vergleicht. Der französische Leitindex
wird - wie alle anderen wichtigen Leitindizes - als Kursindex berechnet.
Danach hat sich der DAX erst
in der jüngeren Vergangenheit von seinem französischen Pendant lösen
können. Insgesamt zeigen der DAX-Kursindex und der CAC40 einen
bemerkenswerten Gleichlauf. Diese Gestaltung kommt der Realität wesentlich
näher als der Vergleich mit dem künstlich aufgeblasenen Performance-Index.
Ähnliches gilt für den Euro
Stoxx 50. Die Werte aus der Peripherie bremsen den Euro Stoxx 50 seit 2008
aus, so dass der DAX-Kursindex seitdem stärker performt.
In einem Europa, das den Euro
als gemeinsame Basis hat, werden Indizes vergleichbar. Es erscheint
lächerlich, den DAX mit Botox aufzuspritzen, wenn doch der Kursindex der
international übliche Standard ist. Die Realität öffnet sich bei Ansicht
der Einzelverläufe. Betrachtet man alle DAX-Werte, so können sich
Chemie/Pharma/Medizin/Drogeriewerte, der Autosektor (überwiegend), sowie
Sportartikel (Adidas), Software (SAP) und Anlagenbau (Linde) sehen lassen.
Der Rest - und das ist der größere Teil - befindet sich deutlich unterhalb
früherer Hochpunkte wie 2000 oder 2007.
Indexiert man die Verläufe
einzelner Kurs-Indizes mit dem Stichtag 1.1.1990 bei 100 Punkten, so fällt
die die außerordentlich gute Performance des S&P 500 ins Auge.
Dabei stellen wir den S&P 500
bereits währungsbereinigt dar. Die positive Abweichung (roter Kreis)
ergibt sich nur nicht aus der Schwäche des Euro zwischen Mitte 2011 und
Mitte 2012, sondern hauptsächlich durch die relative Stärke des S&P 500
gegenüber den europäischen Indizes in diesem Zeitraum.
Fazit: Die gängige Ausweisung
des DAX als Performance-Index erscheint als sonderbares Relikt eines
Einzelweges. Die europäische und internationale Vergleichbarkeit ist nicht
gegeben. Der Botox-DAX, der jetzt auf die 8.000-Punkte-Marke zusteuert und
damit so stark wie die US-Indizes erscheint, verfügt in der Realität nur
über einen kleinen Vorsprung gegenüber dem CAC40 und dem Euro Stoxx 50.
Zudem sollte der DAX das repräsentieren, was die Kursverläufe seiner 30
Komponenten widerspiegeln.
Man könnte die Träger des Euro
Stoxx 50, des CAC40, des FTSE 100, des Dow und des S&P 500 bitten, ihre
Indizes ebenfalls als Performance-Indizes zu führen. Da dies aber
schwerlich gelingen wird, kann die Forderung an die Deutsche Börse nur
lauten, sich international üblichen Standards anzupassen. Der
DAX-Kursindex sollte derjenige sein, der in der Öffentlichkeit als DAX
wahrgenommen wird. Antizipieren Sie die Entwicklung der Finanzmärkte mit
Hilfe unserer handelstäglichen Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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