Wellenreiter-Kolumne vom 20. März 2013
Spekulationsmodus an?
Der Performance-DAX nagt an
der 8.000 Punkte-Marke, die US-Indizes erreichen ihre Allzeithochs. Wir
fragen: Wird diese Entwicklung von einer Welle der Volks-Spekulation
begleitet, so wie in den Jahren 2000 oder 2007? Aus Sentiment-Sicht ist
diese Frage einfach zu beantworten, aber schauen wir auf einige
Statistiken. Für Deutschland sollte die Entwicklung des
Zertifikate-Marktes eine Antwort bereit halten. Die Aktivität der
Emissionsbanken zeigt sich im ausstehenden Zertifikatevolumen. In den
vergangenen Jahren zeigten die Emittenten wenig Lust, die Schlagzahl zu
erhöhen.
Die Entwicklung des ausstehenden Zertifikatevolumens zeigt für das Jahr
2007 eine Zertifikate-Blase. Per Dezember 2012 befindet sich das
ausstehende Zertifikatevolumen um 30 Prozent unter den Werten aus dem
Sommer 2007.
Das deutsche Derivate-Institut (DDI) liefert noch eine zweite, griffigere
Kennzahl: Die Entwicklung der mit Zertifikaten generierten Börsenumsätze
(Stuttgart und Frankfurt).
Danach ging es mit den Handelsvolumina beständig zurück. Ausnahme: Der
Crash-Monat August 2011. Im Januar 2013 erholten sich die Umsatzzahlen von
ihrem Mehrjahrestief. Doch sank der Februar-Börsenumsatz um 400 Mio. auf
3,8 Mrd. Euro. Es wäre verfrüht, die Januar- und Februar-Zahlen als
Trendwende zu bezeichnen.
Fazit: Ein Anspringen der Spekulation ist in Deutschland nicht zu
erkennen, zumal etwa 70 Prozent aller Zertifikate laut Deutschem
Derivate-Verband einen „vollständigen Kapitalschutz“ bieten. Zudem hat das
Wort „Emittentenrisiko“ seit dem Jahr 2008 eine offensivere Bedeutung
erhalten.
Die New York Stock Exchange erstellt eine interessante monatliche
Statistik über der Höhe der Kredite, mit der Investoren an der NYSE
spekulieren. Wie der folgende Chart zeigt, sind die Aktienkäufe auf Kredit
im Januar 2013 (neuester Wert) auf ein Rekordhoch gestiegen.
Anfang 2000 und Mitte 2007 wurden ähnliche „Spikes“ verzeichnet. Diese
führten zu Hochs an den Aktienmärkten. Allerdings sollte man aus dieser
Statistik keine voreiligen Schlüsse ziehen. Der folgende Chart
berücksichtigt auch die Guthaben-Seite.
Danach wurde in den Jahren 1996 bis 2000 massiv mit Fremdmitteln
spekuliert, ohne dass entsprechende Guthaben dagegenstanden (New Economy
Blase). Im Jahr 2007 war diese Spekulation geringer, zeigte aber doch
einen Spike und damit ein Top an. Im Jahr 2011 kam es zu einem
Spekulationsrevival, und schon crashten die Märkte (im August 2011).
Die aktuelle Zahl vom Januar 2013 (siehe Pfeil obiger Chart) weist zum
ersten Mal seit 2011 ein erhöhtes Spekulationsniveau auf. Normalerweise
braucht es mehrere Monate auf diesem Niveau, um einen Hochpunkt an den
Märkten auszulösen.
Fazit: Während in Deutschland die Spekulation kein Thema ist, sind in den
USA Anzeichen eines Comebacks der Spekulation zu erkennen. Sollten die
Februar- und März-Zahlen das Januar-Niveau bestätigen, so dürfte sich das
erhöhte Spekulationsniveau negativ auf die Märkte auswirken. Antizipieren
Sie die Entwicklung der Finanzmärkte mit Hilfe unserer handelstäglichen
Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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