Wellenreiter-Kolumne vom 31. Mai 2013
TIPS-Crash und zwei Hindenburg-Omen
In den USA
bezeichnet das Kürzel „TIPS“ eine Anleihe, die gegen Kaufkraftverlust
schützt. Ein Investment in TIPS („Treasury Inflation Protected Security“,
deutsch: Inflationsgeschützte Anleihe) gleicht einer Wette mit dem
Emittenten. Erwartet der Käufer eine Inflationsrate, die oberhalb der
Erwartungen des Emittenten liegt, und tritt diese tatsächlich ein, so
gewinnt der Käufer. Entwickelt sich der Markt hingegen in eine
deflationäre Richtung, so fährt der Käufer mit normalen Anleihen besser.
Seit Anfang Mai brechen inflationsgeschützte Anleihen ein. Man kann dies
als Crashmuster bezeichnen, zumindest ist es ein harter Abverkauf
(folgender Chart).
Ein Ende dieses Abverkaufs ist bisher nicht in Sicht. Auf dem Monatschart
(nächster Chart) lässt sich erkennen, dass der Mai-Einbruch den stärksten
Verlust seit dem September 2008 darstellt. Damals gerieten die
Finanzmärkte in eine rezessive Abwärtsspirale.
Man könnte einwenden, dass die inflationsgeschützten Anleihen fallen, weil
auch die normalen Anleihen seit einigen Wochen den Rückwärtsgang einlegen.
Entscheidend ist hier die Relation: Die inflationsgeschützten US-Anleihen
fallen deutlich stärker als die normalen US-Anleihen. Das Signal lautet:
Die Inflationserwartungen fallen rasant. Ein Inflationsschutz erscheint
vielen Anlegern nicht mehr opportun.
Wer aufmerksam den ersten Chart mit dem folgenden Chart vergleicht, wird
feststellen, dass der TIPS-Verlauf nahezu eins zu eins dem Verlauf des
australischen Dollar zum US-Dollar gleicht.
Der Australische Dollar ist die Währung einer großen Rohstoffnation. Wenn
Rohstoffe nicht performen, gerät der australische Dollar unter Druck.
Tatsächlich ist von der Rohstoffhausse nicht mehr viel übrig. Betrachtet
man die Anlageklasse der Rohstoffe als Ganzes, so steht der Rohstoffindex
kurz davor, auf das Niveau von Ende 2008 zurückzufallen.
Die Charttechnik lässt Spielraum für eine Fortsetzung der Abwärtsbewegung.
Was sagt die US-Zentralbank zu dieser Situation? Vor einigen Tagen hatte
ich Gelegenheit, in Frankfurt an einer Veranstaltung mit
US-Topzentralbanker James Bullard teilzunehmen. Bullard äußerte sich wie
folgt: "Ich sehe zur Zeit keine allzu große Risiken für eine Deflation.
Aber wenn die Inflation unter ein Prozent fällt, dann würde ich anfangen,
mir Sorgen zu machen."
Welche Inflationsrate meinte Bullard? In seiner Rede nannte Bullard den
sogenannten „PCE-Deflator“ ohne Lebensmittel und Energie („Kern-PCE-Deflator“)
als von der Fed bevorzugten Inflationsanzeiger.
Der PCE-Deflator wird aus der Rubrik „Personal Expenditures“ der Angaben
zum US-BIP abgeleitet. Auch werden Daten aus Erzeuger- und
Konsumentenpreisindex für die Berechnung herangezogen. Der
unterschiedliche Verlauf des Kern-PCE-Deflators (Kernrate ohne
Lebensmittel und Energie) im Vergleich zur Kern-CPI-Rate ist nachfolgend
dargestellt.
Aus dem Blickwinkel der Fed befindet sich die maßgebliche Inflationsrate
mit 1,05% (schwarze Linie obiger Chart) auf dem niedrigsten Niveau seit
Beginn der Zeitreihe im Jahr 1959. Angesichts der auch im Mai weiter
gefallenden Rohstoffpreise und des Einbruchs bei inflationsgeschützten
Anleihen halten wir es für wahrscheinlich, dass der Kern-PCE-Deflator im
Mai unter die 1-Prozent-Marke gerutscht ist.
Bullard kann also damit beginnen, sich Sorgen zu machen. Wir gehen davon
aus, dass auf der nächsten Fed-Sitzung am 19. Juni die Ausdehnung des
laufenden quantitativen Lockerungsprogramms ein Thema sein wird. Dies
insbesondere dann, wenn der Rohstoffindex die oben gezeigte
charttechnische Unterstützung brechen würde.
Dem Rohstoffsektor droht der Verlust des Status als eigene Anlageklasse.
Das Sentiment gegenüber Rohstoffen ist bereits sehr negativ.
Schon jetzt ist der Rohstoffsektor - entsprechend Umfragen und
Positionierungen der Fonds Manager - die meistgehasste Anlageklasse. Dies
macht zwar - auf mittlere Sicht - Hoffnung auf ein „Contrarian
Investment“. Ein letztes Crescendo nach unten, ein lauter Knall und eine
Fed, die hektisch versucht, die Märkte vor der Deflation zu bewahren: Das
sind Punkte, die auf der zukünftigen Marktagenda stehen dürften.
Abschließend der Hinweis, dass am Mittwoch und Freitag zwei
Hindenburg-Omen auftraten (siehe Pfeil folgender Chart).
Auch wenn diese Omen nicht immer greifen, so ist deren Auftreten häufig
mit dem Ende eines Aufwärtstrends verbunden.
Man denke nur an den Crash von 1987…
…oder auch an die vielen Hindenburg-Omen im Jahr 2007 (folgender Chart).
Je mehr Hindenburg-Omen auftreten, desto größere Bedeutung gewinnt dieses
Phänomen im Hinblick auf die Vorhersage eines Markthochs. Zwei Omen sind
bereits notiert. Die nächsten Wochen könnten weitere Omen bringen.
Mehr zum Hindenburg-Omen finden Sie hier:
http://tinyurl.com/5u86xj Das
damalige Omen (Juni 2007) trat als Vorbote der Erschütterungen der Jahre
2007/2008 auf.
Testen Sie unsere handelstägliche Frühausgabe.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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