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Wellenreiter-Kolumne vom 4. Juli 2013
Die Folgen des starken US-Dollar

Wir nehmen den US-Unabhängigkeitstag zum Anlass, einen Blick auf den Zustand der Währung der größten Wirtschaftsmacht der Welt zu werfen. Dabei geht es uns nicht um die vielzitierte schleichende Entwertung, die eine langjährige Inflationspolitik mit sich bringt. Vielmehr wollen wir den US-Dollar relativ zu anderen Währungen betrachten.

Der so genannte handelsgewichtete US-Dollar-Index setzt sich aus der Bewegung der US-Währung gegenüber diversen Währungen (Euro, Pfund, Yen etc.) zusammen. Anhand des Index lassen sich langfristige Bewegungen des US-Dollar erläutern.



Im Jahr 2002 ging der US-Dollar in eine starke Abwärtsbewegung über, die erst im Jahr 2008 gestoppt wurde. Umgekehrt erstarkten die Währungen der Schwellenländer, weil Kapitalströme den Weg in diese Länder fanden. Mit Hilfe dieses Kapitalstroms konnten Investitionen und Infrastrukturprojekte durchgeführt werden, die wiederum einen Rohstoffboom auslösten.

Um die Folgen des Rohstoffbooms für den US-Dollar aufzeigen zu können, kehren wir die normale Betrachtung Euro/Dollar in Dollar/Euro um. Dort liegen uns Daten seit 1955 vor.

Es ist gut zu erkennen, dass der US-Dollar in Zeiten eines Rohstoffbooms Schwäche zeigt. Dies galt für die 1970er Jahre, und dies war auch in der 2000er-Dekade so.



Nach dem Ende des Rohstoffbooms der 1970er Jahre sprang der US-Dollar wie ein Tennisball nach oben. Der Spiegel brachte im Februar 1985 einen Dollar-Schein in Form von Superman auf das Titelbild: Zu jenem Zeitpunkt schien der Dollar unbesiegbar.

Der handelsgewichtete US-Dollar-Index zeigt seit Jahren eine Verengung seines Handels-musters. Aktuell klopft der Index an die obere Dreiecksbegrenzung.



Ein Ausbruch dieses Index hätte weitreichende Folgen für die Finanzmärkte. Dies insbesondere für Währungen und Rohstoffe, indirekt auch für Renditen und Aktien. Der Yen wertete gegenüber dem Dollar bereits deutlich ab. Gleiches gilt für den australischen Dollar, den brasilianischen Real und – etwas weniger – für den kanadischen Dollar. Seit dem 17. Juni beginnt auch der chinesische Renminbi gegenüber dem US-Dollar abzuwerten. Die drohende Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit Chinas lässt der Regierung anscheinend keine Wahl. Zudem geraten die Kapitalströme nach China ins Stocken, Liquidität wird knapper. Die Rohstoffpreise würden unter Druck bleiben.

Im Bezug auf die Entwicklung des Euro/Dollar gilt es einen Blick auf die europäische Peripherie zu werfen. Dort stiegen die Renditen im Juni. In Spanien und Italien beruhigte sich der Anstieg zuletzt, nicht aber in Griechenland und Portugal. EZB-Chef Mario Draghi reagierte auf der jüngsten EZB-Sitzung und versprach, dass der EZB-Leitzins „für eine längere Zeit auf dem gegenwärtigen Niveau oder darunter liegen werde“. Die Märkte reagierten mit einer Abschwächung des Euro/Dollar, also mit einer Aufwertung des US-Dollar-Index.

Der Anstieg des US-Dollar-Index zeigt attraktive reale US-Renditen im Vergleich zu anderen Ländern an. Während die US-Zentralbank laut Ben Bernanke einen Zinsanstieg willkommen heißt, will die EZB ausdrücklich dauerhaft niedrige Zinsen. Das weltweite Kapital fühlt sich von Staaten/Regionen mit einer möglichst attraktiven und sicheren Realverzinsung angezogen. Wenn in den USA die Zinsen steigen, in Euroland aber stagnieren oder fallen, zieht es das Kapital in den Dollar-Raum. Die Beziehung zwischen Realzins-Differenzen und der Wechselkursentwicklung stellen wir auf dem nachfolgenden Chart dar.



Die Zinsen deutscher Staatsanleihen haben wir als Proxy für europäische Staatsanleihen übernommen. Während die USA einen positiven Realzins von über einem Prozent aufweisen, wird für Deutschland lediglich ein leicht positiver Realzins notiert (Zinsen 1,65%; Inflationsrate 1,50%). Auch wenn die positive Korrelation zwischen der Realzinsdifferenz Deutschland/USA und dem Verlauf des Euro/Dollar auf Teilstrecken nicht aufrecht erhalten werden kann: Der Realzinstrend (siehe Pfeil obiger Chart) drückt aktuell den Kurs den Währungspaars Euro/Dollar.

Wir erwarten, dass die Rendite der US-Anleihen die Rendite deutscher Staatsanleihen weiterhin ausperformt. Die Inflationsraten dürften sowohl in den USA als auch in Deutschland vorerst auf niedrigem Niveau verbleiben. Diese Konstellation öffnet einer Stärkung des Dollar gegenüber dem Euro weiteren Spielraum.

Fazit: Die Abwertung des Yen gegenüber dem US-Dollar war nur der Anfang einer Entwicklung, die schon längst den australischen Dollar, den Real und den kanadischen Dollar erreicht hat. Jetzt rollt die Abwertungswelle weiter und beginnt den Renminbi und den Euro zu erfassen. Der Euro/Dollar fiel gestern unter die Marke von 1,30. Die Wiederaufnahme der Abwärtsbewegung im Euro/Dollar hat begonnen. Die Marke von 1,18 ist als wichtiges Ziel zu nennen.

Für Deutschland wäre eine solche Entwicklung aufgrund der Exportorientierung vordergründig positiv. Denn aktuell dürfte Japan aufgrund des schwachen Yen den deutschen Unternehmen Marktanteile abjagen. Würde sich der Euro abschwächen, so würden sich die Wettbewerbsbedingungen zwischen Deutschland und Japan wieder angleichen.

Allerdings gilt es, den mit dem fallenden Euro einhergehenden Kapitalabfluss im Auge zu behalten. Die Entscheidung der EU-Minister, privates Vermögen in die Rettung von Banken zu stecken, dürfte spätestens dann, wenn in einer erneuten Bankenkrise Ängste aufkommen würden, zu massiven Kapitalabflüssen aus Euroland führen. Das Geld würde in den Dollar-Raum, nach London oder in die Schweiz transferiert werden. Die EZB müsste diesen Kapitalabfluss durch massives QE auszugleichen versuchen, um eine erneute Euro-Krise zu verhindern. Alternativ bzw. ergänzend könnte die EU versuchen, den Abfluss durch die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen zu stoppen.

Die Aufwertung des US-Dollar-Index beschleunigt sich. Einerseits werden die Importe billiger (=importierte Deflation für die USA), aber US-Produkte werden im Ausland teurer. Schon im Juni zeigte der wertmäßige Umfang der US-Exporte eine Abwärtstendenz. Diese Tendenz droht sich in den kommenden Monaten zu verschärfen. Für die USA steht die eigene Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel. Arbeitsplätze in der Exportindustrie fallen weg. Bei einer fortgesetzten Dollar-Aufwertung besteht die Gefahr, dass die US-Wirtschaft auch binnenwirtschaftlich zu leiden beginnt. Wir rechnen nach wie vor mit dem Szenario einer ungemütlichen zweiten Jahreshälfte an den Finanzmärkten.

Testen Sie unsere handelstägliche Frühausgabe.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

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