Todgesagte leben länger. Mit diesem knappen Satz könnte man den Zustand des
US-Immobilienmarktes beschreiben. Seit dem Platzen der Aktienblase vor fünf
Jahren glaubten viele an ein schnelles Ende des Baubooms in den USA. Stattdessen
geschah das Gegenteil.
Getrieben von Niedrigzinssätzen und dem schier unersättlichen Bedarf der
Baby-Boom-Generation erklettern die Immobilienpreise Jahr für Jahr neue Höhen.
Die Zahl der jährlich neu gebauten Einfamilienhäuser wird im Jahr 2004 die 1,1
Millionen-Grenze überschreiten. Das bedeutet gegenüber dem Jahr 2000 einen
Zuwachs um 30 Prozent. Es scheint, als ob nichts die Idylle des
Immobiliensektors trüben kann. Und doch: Dunkle Wolken schieben sich dem
Häuserboom entgegen. Getragen werden sie vom „Wind der Demografie“.
Im Wochenend-Wellenreiter vom 22. Oktober 2004 -
„Dow 40.000 mit
Absturzgarantie“ – erläuterten wir die Wichtigkeit der Altersgruppe um 47 Jahre.
Wir zitierten Harry Dent mit der Aussage, dass die spendierfreudigsten US-Bürger
in 2001 nach der 2000er Volkszählung diejenigen waren, die in 2001 das Alter von
47 Jahren erreichten. Da 80 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts durch den
privaten Konsum bestimmt werden, ist der Einfluss dieser Altersgruppe auf die
US-Wirtschaft nicht zu unterschätzen.
Und so schiebt sich der „Baby-Boomer-Berg“ der 47jährigen wie der Elefant durch
die Schlange („Der kleine Prinz“ lässt grüßen), bis der Elefant kleiner und
kleiner wird: Die spendierfreudigen Jahrgänge schrumpfen spätestens ab
2008/2009. Doch schon jetzt wachsen sie nicht mehr, wie der obere Chart zeigt.
Der Chart macht deutlich, dass die Zahl der neu gebauten Einfamilienhäuser seit
dem Beginn der 90er Jahre ohne Unterlass steigt. Doch der Chart zeigt auch, dass
sich die günstige Situation in den kommenden Jahren dem Ende nähert. Erst ab dem
Jahr 2020 ist aus demografischer Sicht mit einem erneuten Aufschwung zu rechnen.
Es steht außer Frage, dass die Zinssituation den Immobilienmarkt stark
beeinflusst. Die 70er Jahre sind ein Paradebeispiel dafür – damals schwankte die
jährliche Zahl der neu gebauten Häuser im Takt der Zinsmärkte. Doch wo soll in
absehbarer Zeit der aus Zinssicht dringend notwendige Impuls herkommen, wenn
sich die Hypothekenzinsen in den USA mit 5,5% bereits auf einem historisch
niedrigen Niveau befinden?
Im Gegenteil: Selbst Alan Greenspan hat in seiner mittlerweile berühmten
„Frankfurter Rede“ diejenigen für verrückt erklärt, die sich noch nicht gegen
steigende Zinsen abgesichert haben.
Fazit: Die US-Häuserblase konnte sich aufgrund des noch positiven
„Baby-Boom-Umfeldes“ sowie historisch niedriger Zinsen bis heute ausweiten. Die
Fakten sprechen jedoch gegen ein weiteres Aufblasen. Die Baby-Boom-Generation
verlässt in den kommenden Jahren die konsumstarken Jahrgänge, und die
Zinstendenz ist nach oben gerichtet.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest