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Der Mark-Twain-Effekt
"Oktober. Dies ist einer der besonders gefährlichen Monate, um am Aktienmarkt zu spekulieren. Die anderen sind Juli, Januar, September, April, November, Mai, März, Juni, Dezember, August, und Februar." (Mark Twain, aus Pudd’nhead Wilson, 1894)
Dieses Zitat legte Mark Twain vor 120 Jahren seinem Protagonisten David Wilson in seinem Roman „Pudd’nhead Wilson“ in den Mund. In dem Buch – es spielt in den Südstaaten – verliert die Sklavin Roxy ihre Ersparnisse, weil eine Bank zusammengebrochen ist. Twain lässt die Handlung zwar in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielen, dürfte aber massiv von zeitgenössischen Ereignissen beeinflusst worden sein.
Denn im Jahr vor dem Erscheinen des Buches kam es zur Panik von 1893. Diese fand nun ausgerechnet nicht im Oktober (wie beispielsweise 1873) sondern in den Monaten Januar bis Juli statt (siehe Pfeil folgender Chart).
Dieses Geschehen dürfte Twain dazu veranlasst haben, nicht nur den Oktober, sondern auch alle anderen Monate als börsentechnisch gefährlich zu bezeichnen. Twain erlebte mit, wie in der damaligen Panik 500 Banken zusammenbrachen. Die Arbeitslosenquote stieg deutlich. In New York erreichte sie 35 Prozent.
Jetzt ist klar, warum Aktienmarkt-Historiker fallende Kurse im Oktober auch gern als „Mark-Twain-Effekt“ bezeichnen.
Diese Oktober-Erfahrung hat sich seither nicht verändert. Der saisonale Durchschnittsverlauf des Dow Jones Index über die vergangenen 116 Jahre weist eine deutliche September/Oktober-Schwäche auf (siehe Pfeil folgender Chart).
Ende Oktober dreht sich das saisonale Bild, genauer gesagt um „Halloween“ herum. Der negative Mark-Twain-Effekt weicht dem positiven Halloween-Effekt. Diese positive Bewegung hält üblicherweise bis in den Januar hinein an. Die Monate November, Dezember und Januar bilden die Periode mit der besten Dreimonats-Performance. Dies hat nicht zuletzt damit zu tun, dass in den USA alle zwei Jahre Anfang November eine Wahl stattfindet. Die Marktteilnehmer beginnen regelmäßig einige Tage vor der Wahl damit, in ein „Buy-the-Dip“-Kaufmodus zu verfallen.
Zur Aktualität: Die beiden Hindenburg-Omen vom 18./19. September – wir zeigten sie in unserer Kolumne vom 25. September – konnten als gutes Warnsignal eingeordnet werden (folgender Chart).
Was ist zu erwarten? In dieser Dekade wirkte sich das Zudrehen des Geldhahns der US-Zentralbank stets negativ auf die Aktienmärkte aus. Der US-Leitindex S&P 500 fiel sowohl nach dem Ende der ersten als auch der zweiten quantitativen Lockerungsphase. Die erste Phase endete Ende März 2010, die zweite Phase Ende Juni 2011. Wir zeigen die Verläufe indexiert in einem Chart.
Um eine Vergleichbarkeit zu erreichen, haben wir angesichts des finalen Preishochs im S&P 500 im September als Startpunkt den 1. September gewählt. Eine eins-zu-eins-Wiederholung des psychologischen Musters der ersten beiden QE-Programme ist kein Muss, aber möglicherweise entwickelt sich ein ähnliches Muster. Demnach wäre Anfang kommender Woche (um den 20. Oktober herum) mit einem ersten belastbaren Preistief zu rechnen.
Eine Statistik erscheint noch interessant. Wenn der US-Aktienmarkt im Oktober ein Jahresminus aufwies (seit 1928 war das 37mal der Fall), dann stieg er bis zum Jahresende in 29 dieser 37 Fälle an. Selbst im Finanzkrise-Jahr 2008 schafften die Aktienmärkte nach dem Oktober-Tief ein Plus von etwa 6 Prozent. Die wichtigsten unteren Wendepunkte fanden im Oktober statt. Man denke an die Crashes von 1929 und 1987 oder – jüngst - an die unteren Wendepunkte der Jahre 2008 und 2011.
Auch wenn sich die Abwärtsbewegung kurzfristig nochmals beschleunigen würde (im Extremfall im Rahmen einer Panik): Eine über den Oktober hinausgehende Schwäche ist nicht die wahrscheinliche Option. Man sollte noch im Oktober mit einem ersten belastbaren Tiefpunkt an den Aktienmärkten rechnen.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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