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Stiehlt der Grinch den Bullen mehr als die Weihnachtsrally?

Wellenreiter-Kolumne vom 21. Dezember 2024

Wenn im Sentiment beinahe grenzenlose Euphorie erkennbar ist und sich diese Euphorie an den Kapitalmärkten mit Trendbeschleunigen manifestieren, dann sind harte Korrekturen dieser Übertreibungen die Regel und keine Ausnahme.

 

Die Positionierung der globalen Fondsmanager in der monatlichen Umfrage von Bank of America, die in dieser Woche veröffentlicht wurde, offenbart eine selten zu beobachtende Euphorie, da die Fondsmanager „All-In“ gegangen waren und ihre Übergewichtung der globalen Aktien auf dem höchsten Niveau seit Januar 2022 lagen. Hingegen waren Ihre Cashreserven so gering wie zuletzt im Februar 2011. Besonders groß ist ihr Optimismus gegenüber US-Aktien, „America First“ ist in den Portfolien bereits umgesetzt.

 


Euphorie lässt sich zum Ende des Kapitalmarktjahres in etlichen Indikatoren beobachten. Einer davon stellt das Sentiment der US-Börsenbriefschreiber (Investors Intelligence) dar. Mit einem Bullenanteil von 62,3 Prozent lag der Optimismus Mitte Dezember auf einem sehr hohen Niveau, der kaum steigerbar ist.

 

Euphorie wird auch deutlich, wenn sich eine Reihe von „Fahnenstangen“-Charts ausbilden. Die Beschleunigen im Aufwärtstrend können bei neuen Technologien auftreten und sind zuletzt bei Brokern (RobinHood, Coinbase), Bitcoin (Microstrategy) oder KI (Palantir) zu beobachten, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

 

Die Trendbeschleunigung bei einem Dinosaurier der Unternehmenswelt wie Walmart sagt aber auch etwas über ein überhitztes Sentiment aus.

 

 

Walmart wächst im Gegensatz zu den 90iger Jahren kaum noch im Filialnetz, sondern versucht effizienter zu werden. In diesem Jahr wächst Walmart mit ca. 5 Prozent im Umsatz und 9 Prozent im Ergebnis. Das Kursplus in diesem Jahr liegt bis dato bei 80 Prozent. Walmart ist als defensive Aktie (Lebensmittelhandel) anzusehen und wuchs bisher in jeder US-Rezession, so dass die Aktie in Abschwungphasen am Kapitalmarkt ein Outperformer war.

 

In diesem Jahr entkoppelt sich die Kursentwicklung von der operativen Entwicklung extrem, das KGV liegt bei ca. 40 (!). Die generelle Präferenz der Investoren für Large bzw. Mega Caps hat offensichtlich auch Walmart (Marktkapitalisierung 758 Mrd. US-Dollar) erfasst. Die Trendbeschleunigung deutet einen Hochpunkt in den kommenden Wochen an. Walmart kann auch als ein Indiz angesehen werden, dass die Präferenz für Mega Caps sehr weit fortgeschritten ist und im kommenden Jahr eine Korrektur dieses Trends anstehen könnte.

 

Vom 04.11.2024 bis zum Intradayhochpunkt am 18.12.2024 hat sich die Tesla-Aktie in der Spitze verdoppelt. Dieser extreme Anstieg bei einem Mega Cap mit einer Marktkapitalisierung von 1.500 Mrd. US-Dollar in der Spitze zeigt an, wie stark die größten Aktien im Markt die großen Aktienindizes beeinflusst haben.

 

Bereits im Vorfeld der FED-Sitzung am Mittwoch haben sich in den Marktstrukturen einige Schwächeindizien gezeigt. Markthochs werden häufig durch Hindenburg-Omen signalisiert, vor allem bei einer Clusterbildung.


Im Jahr 2021 signalisierten mehrere dieser Omen ein nachlassendes Aufwärtsvolumen und durch die steigenden Renditen drehte der Aktientrend. Im zweiten Halbjahr 2024 markierten die Omen allerdings mehrfach zuverlässig Preistiefs, da sie nach gefallenden Kursen auftraten. Drei Omen zwischen dem 15. und 20.11.24 traten in einer Konsolidierung nach dem starken initialen Anstieg nach der Wahl Trumps auf. Das jüngste Omen ergab sich am 12. Dezember. Weitere Omen in den kommenden Wochen dürften ein Indiz für nachlassende Aufwärtskräfte sein.
 

Der Nasdaq 100 Index hat jüngst ein neues Allzeithoch und damit auch ein neues 52-Wochen-Hoch markiert.

 

Gleichzeitig gab es aber Tage, an denen die Anzahl neuer 52-Wochen-Tiefs die Anzahl neuer 52-Wochen-Hochs übertroffen hat. Daraus resultiert das Nasdaq Ohama-Titanic-Syndrom. Der Nasdaq war im Juli ein Paradebeispiel für eine sich verschlechternde Marktbreite trotz zunächst anhaltender Kursanstiege. Die Vielzahl der Signale lief einer starken Korrektur im Juli/August voraus. Zuletzt löste der Indikator am 19. und 18. Dezember 2024 aus.

 

Der SKEW-Index notierte mit 173 Punkten auf dem höchsten Wert der vergangenen Jahre.

 

Der SKEW-Index misst das „Tailrisk“, das Risiko einer extremen Bewegung im S&P 500. Er errechnet sich aus dem Preis der nicht im Geld liegenden Optionen („Out-of-the-money-options“). Das Erreichen der 170er-Marke lief in den vergangenen Jahren einer Korrektur voraus. Der Vorlauf des SKEW-Index kann bis zu einem halben Jahr betragen. Er ist demnach ein guter Frühindikator. Der Wert von 170 Punkten oder mehr signalisiert im Hinblick auf historisch ähnlich hohe Werte eine korrektive Bewegung im S&P 500 innerhalb der kommenden drei Monate.
 

Die Schwäche nach der FED-Sitzung am 18.12.24 hat bereits zu ersten Indikatoren geführt, die überverkauft sind. Eine solche starke Überverkauftheit erwies sich historisch in den meisten Fällen als ein Hinweis auf weitere Schwäche.


Am Mittwoch, den 18.12. und am Donnerstag, den 19.12. erreichte der NYSE-McClellan-Oszillator mit jeweils mehr als -106 Punkten einen selten erreichten Extremwert. Der Wert wurde kurz nach einem Hochpunkt an den Märkten generiert. Wir wollen wissen, ob ein solcher Extremwert gleichzeitig ein Preistief an den Märkten bedeutet oder ob mehr Schwäche folgt. Wir haben uns andere Zeitpunkte angeschaut, an denen der Oszillator Werte unterhalb von -100 erreichte. Diese starke Form der Überverkauftheit kommt selten vor, statistisch weniger als einmal im Jahr. Seit dem Jahr 2010 konnten folgende Extremwerte beobachtet werden.
 

- Jahr 2010: 07.05. (-121) und 21.05. (-134)

- Jahr 2011: 05.08. (-111) und 08.08. (-142) sowie 23.11. (-104)

- Jahr 2012: 10.04. (-103) und 18.05. (-104)

- Jahr 2013: 05.06. (-104)

- Jahr 2015: 24.08. (-105)

- Jahr 2018: 24.12. (-110)

- Jahr 2020: 26.02. (-100), 27.02. (-127), 28.02. (-136), 09.03. (-126), 11.03. (-110),

                   12.03. (-139), 16.03. (-108), 18.03. (-106)

- Jahr 2022: 06.09. (-101), 23.09. (-116), 26.09. (-127)

- Jahr 2023: 13.03.(-107)

- Jahr 2024: 15.04.(-100) bzw. 16.04. (-103).

 

Die Fälle, in denen ein stark überverkaufter Marktzustand wie aktuell direkt von einem Hochpunkt erreicht wird, sind selten. Es sind 4 Ereignisse nach dem Jahr 2010, wir haben sie gefettet. Wir beschreiben diese nachfolgend.

 

Mai 2010

Nach dem finalen Baissetief Anfang März 2009 wurde ein solches Extremum erst Anfang Mai 2010 erreicht. Dieses Preistief war der Beginn einer korrektiven Phase, die im Juli ein finales Preistief erzielte.

 

April 2012

Die Erholung nach dem Minicrash Anfang August 2011 führte zu neuen Bewegungshochs Anfang April 2012. Die erste starke Überverkauftheit war der Beginn einer Korrektur, die erst Anfang Juni ihr finales Preistief fand.

 

Juni 2013

Im Jahr 2013 ergab sich eine fünfwöchige Korrektur, das Preistief bildete sich am 24.06. knapp 3 Wochen nach dem Extremwert im Indikator.

 

April 2024

Im April 2024 korrigierten die Technologieaktien. Bereits 3 Handelstage nach dem Signal am 16.04. markierte der S&P 500 am 19.04. sein finales Preistief und die Aufwärtsbewegung setzte sich fort.

 

 

Die genannten Beispiele mit direkt von einem Hochpunkt erreichten -100 Punkten lassen vermuten, dass es auch dieses Mal zu mehr Preisschwäche kommen sollte, ähnlich wie dies in den Jahren 2010 und 2012 zu beobachten war.

 

Fazit: Nach dem zweijährigen Kursanstieg im S&P 500 seit Oktober 2022 folgt ein Kurskater, der in das erste Quartal 2025 hinreichen sollte. In unserem jüngste veröffentlichen Jahresausblick 2025 (das Wort Jahresausblick 2025 verlinken) erläutern wir, welche Entwicklungen wir Anleihen, Währungen, Rohstoffen und Aktien im neuen Jahr für wahrscheinlich halten. Der Ausblick kann über unsere Website erworben werden.

https://www.wellenreiter-invest.de/kauf/jahresausblick-2025-35

 

Der Preis für Abonnenten beträgt 35 Euro, für alle anderen 60 Euro. Für den Kauf ist ein Login mit der E-Mail-Adresse Ihres Kundenkontos auf der Wellenreiter-Website erforderlich. Der Jahresausblick ist als PDF direkt nach dem Kauf herunterladbar.

 


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