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Ein Faktor stemmt sich gegen den Dollar-Durchmarsch
Der handelsgewichtete US-Dollar-Index übertraf jüngst die 100-Punkte-Marke. Dies ist charttechnisch starkes Zeichen.
Ein kleiner Blick in die Historie zeigt die Stimmung anlässlich des Plaza-Akkords aus dem Jahr 1985. Das berühmte Dollar-Titelbild des Spiegel-Magazins aus dem Frühjahr 1985 bedeutete ein wichtiges Langfristhoch bei 165 Punkten (siehe Pfeil folgender Chart).
In den Jahren zwischen 1981 und 1985 war der Dollar stark gestiegen.
Einen Superstar-Status kann man dem US-Dollar jetzt noch nicht attestieren, dafür hielt er sich zu lange in der Handelsspanne auf. Doch was nicht ist, kann noch werden. Denn der US-Dollar könnte seine grundsätzliche, von 1985 bis zum Jahr 2011 bestehende Schwächephase überwunden haben. Das nächste Ziel wäre die Marke von 120 Punkten.
Der Euro/Dollar nähert sich der Unterstützung bei 1,05.
Sollte die Unterstützung bei 1,05 brechen, wäre die Parität die nächste Station. Danach ließe erst der Bereich zwischen 0,80 und 0,90 wieder auf eine Unterstützung hoffen. Nachfolgend ein Langfristchart, der die Optionen veranschaulicht.
Zinsdifferenzen spielen in der Wechselkursentwicklung eine bedeutsame Rolle. Dem deutlichen US-Zinsanstieg der vergangenen Wochen steht ein moderater Anstieg deutscher Staatsanleihen gegenüber. Der Zinsspread vergrößerte sich zugunsten der USA. Das vagabundierende Kapital verlässt Europa und Asien in Richtung der neuen Welt, die so neu auch nicht mehr ist, aber an kapitalmehrender Attraktivität gewinnt. Die Entwicklung der Nominalzinsdifferenz spricht für einen fallenden Euro/Dollar.
Unter diesen Gesichtspunkten sollte der Pfad für den US-Dollar-Index nach oben und für den Euro/Dollar weiter nach unten laufen. Die Euro/Dollar-Parität rückt ins Blickfeld. Dies erst recht dann, wenn die Unterstützung bei 1,05 im Euro/Dollar fallen würde.
Was könnte diesen Weg verhindern?
Erstens der Beginn einer Phase relativer Stärke der Rendite deutscher Staatsanleihen gegenüber den US-Renditen. In diesem Fall müsste die EZB ein Straffungsprogramm ankündigen und die Fed dürfte nach einer Dezember-Zinserhöhung keine weiteren Schritte mehr gehen. Eine solche Entwicklung erachten wir als unwahrscheinlich.
Zweitens sollte man sich vergegenwärtigen, dass die Kaufkraftparität Euro/Dollar im Bereich von 1,20 bis 1,30 liegt. Das Gummiseil würde bei einem Wechselkurs von 0,80 extrem gedehnt sein, sodass ein zurückschnappen von dort zurück an die Parität sehr wahrscheinlich wäre. Das Argument der Kaufkraftparität würde aber einen temporären Fall auf 0,80 nicht verhindern können.
Ein dritter Punkt betrifft die positive Korrelation zwischen Euro/Dollar und Rohstoffpreisentwicklung. Diese Verbindung besagt, dass ein fallender Euro mit fallenden Rohstoffpreisen einhergehen sollte. In der jüngeren Vergangenheit fiel der Euro, obwohl der Rohstoffindex Stabilität zeigt.
Sollten die Rohstoffpreise weiter steigen, dann ist ein gleichzeitiger Anstieg des US-Dollar-Index und damit ein Fall des Euro/Dollar auf mittlere Sicht unwahrscheinlich. Über einige Monate kann es gegenläufige Bewegungen geben, nicht aber über einen längeren Zeitraum. Dies ist das wohl stärkste Argument gegen einen heftigen Dollar-Anstieg und würde nur dann nicht greifen, wenn die Rohstoffpreise erneut in eine Abwärtsbewegung eintauchen würden.
Fazit: Der US-Dollar-Index hat eine charttechnisch relevante Marke überwunden und befindet sich im Aufwärtstrend, der gemäß dem Langfristchart von größerer Bedeutung sein könnte. Der Euro/Dollar notiert bei 1,05 allerdings auf einer wichtigen Unterstützung. Solange sich der Renditespread zwischen Dollar- und Euroraum vergrößert, bleibt die Parität fest im Visier des Währungspaares. Das größte Pfund gegen einen fallenden Euro/Dollar bleibt eine positive Entwicklung der Rohstoffpreise. Die Basismetalle inklusive Kupfer führen diese Entwicklung an, Erdöl und Erdgas beginnen ihre starken saisonalen Phasen im Januar/Februar. Nur im Fall einer sich wieder aufbauenden deflationären Phase sollte ein Dollar-Durchmarsch gelingen. Stabile bis steigende Rohstoffpreise wären hingegen der beste Garant für eine Euro/Dollar-Erholung in den ersten Monaten des kommenden Jahres.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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