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Öl-Boom/Bust mit Folgen
Ein Ölpreis nahe 150-Dollar (2008) tritt wildkapitalistische Fracking-Aktivitäten los, die zu einer deutlichen Angebotsausweitung führen, in deren Folge der Ölpreis drastisch einbricht. Dies wiederum bewirkt, dass Ölbohrtürme massenweise außer Betrieb gesetzt werden, sodass sich das Angebot verknappt. Das Gesetz von Ursache und Wirkung gilt an den Finanzmärkten genauso wie das Gesetz von Angebot und Nachfrage.
Noch vor einem Jahr wurde für das Jahresende 2015 eine Produktion von 9,6 Mio. Barrel/Tag vorhergesagt. Damit wäre der Höchstwert aus dem Jahr 1970 erreicht worden. Vor einem Jahr wurde eine Produktionsausweitung auf 14 Mio. Barrel/Tag bis zum Jahr 2020 vermutet.
Es kam anders. Die US-Erdölproduktion stieg zwar bis zum Juni 2015 tatsächlich noch auf 9,6 Mio. Barrel/Tag an, fällt aber seither. Im Dezember 2015 werden täglich noch 9,2 Mio. Barrel/Tag gefördert. Die Tendenz ist genauso fallend wie sie es ab Anfang 1986 war, als der Ölpreis ebenfalls kräftig fiel. Allerdings wird die Produktion bisher nur langsam zurückgefahren.
Im Jahr 2015 betrug die weltweite Überproduktion bis zu zwei Millionen Barrel täglich.
Diese soll sich laut der US-Energieagentur EIA nur langsam abbauen. Auch im Jahr 2016 soll eine Überproduktion bestehen bleiben, wenn auch auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Nach den EIA-Planzahlen soll die US-Ölproduktion im September 2016 ihr Tief bei 8,5 Mio. Barrel erreichen und von dort langsam wieder steigen. Die Produktion würde vom aktuellen Stand aus um 7 Prozent zurückgehen.
Der Fracking-Boom kippte Anfang Oktober 2014. Seither drittelte sich die Zahl der Bohrtürme, die in den USA aktiv Öl fördern, von 1.600 auf 541.
Die Förderung läge auch dann noch weit über dem Stand, der vor dem Fracking-Boom notiert wurde. Allerdings berücksichtigen diese EIA-Planzahlen nicht ausreichend die aktuelle Dynamik der weiter fallenden Ölpreise. Ein stärkerer Rückgang in der US-Produktion ist durchaus realistisch, wenn sich der Blick auf die Zahl der Bohrtürme richtet. Zudem sollten Insolvenzen im Energiebereich (siehe Schwäche der Hochzins-anleihen) in 2016 eine schnellere Marktbereinigung ermöglichen. Trotzdem wird es noch viele Monate andauern, bis sich das Überangebot an Öl aus der US-Produktion abgebaut haben wird.
Wir nehmen für das kommende Jahr einen Rückgang der US-Förderung in Richtung 8 Mio. Barrel/Tag an. Damit würde die Produktion im kommenden Jahr deutlicher als erwartet sinken. Allerdings würde ein neues Gleichgewicht entstehen, in Richtung 2017 aufgrund der steigenden Nachfrage sogar ein Defizit. Dies impliziert eine Wende beim Ölpreis, die aber noch einige Monate auf sich warten lassen sollte.
Fallende Preise für Öl und Gas greifen in die Feinmotorik weiterer Energieträger ein. Beispielsweise fällt der Preis für Kohle, aber auch für andere Bodenschätze. Ab April 2015 begann der europäische Grundstoffsektor („Basic Resources“) sturzbachartig zu fallen. Seither halbierte sich die Marktkapitalisierung.
Prominente Mitglieder dieses Sektors sind Rio Tinto, BHP Billiton und der Rohstoff-händler Glencore (alle notiert in London).
Wie endet so etwas? Durch einen wenig belästigenden Turnaround oder durch Schmerzen und Insolvenzen? Wir tippen auf Letzteres. Denn dieser Energie/Rohstoff-Zyklus ist ein „Boom/Bust-Zyklus“, der mit einer gigantischen Übertreibung begann. Er dürfte seinen Tiefpunkt mit einer Porzellan zerschlagenden Untertreibung zelebrieren. Möglicherweise wird es dabei eine spektakuläre Insolvenz eines Großunternehmens geben. Wenn es so weit ist, werden die Medien von einem Sektor berichten, der in Trümmerhaufen liegt, von Arbeitsplatzverlusten und von großen Schmerzen auch in der OPEC. In dieser Zeit liegen antizyklische Kaufchancen in ausgewählten Blue Chips der Branche, die das Finale einer Baisse überleben.
Sie lasen gerade einen Auszug aus dem Wellenreiter-Jahresausblick 2016. Der Ausblick kann über die Wellenreiter-Website heruntergeladen werden.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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